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Versammlungsfreiheit wird weiter eingeschränkt

Es gibt nun Versuche, Anmelder_innen von Versammlungen für Schäden, die im Rahmen der Demonstration stattfinden, haften zu lassen. Wir denken, dass die Schadenersatzklage vor den Höchstgerichten nicht standhalten wird. Jedoch sehen wir bereits die Tatsache, dass Klage eingebracht wurde als Einschränkung der Versammlungsfreiheit.

Hier ein Text von Linz gegen Rechts dazu:

Im Jahr 2016 fand in Linz eines der größten rechtsextremen Vernetzungstreffen im deutschsprachigen Raum statt. Als Bündnis „Linz gegen Rechts“ organisierten wir eine riesige Demonstration, die sich gegen Rassismus, Hass und Hetze und für ein solidarisches und gemeinsames Miteinander aussprach. Der Druck, der durch die Demonstration und die Bevölkerung aufgebaut wurde, war so groß, dass dieses fragwürdige Treffen im darauffolgenden Jahr weder in öffentlichen Räumlichkeiten, noch in der Landeshauptstadt Linz stattfinden konnte.

Nun wird alles versucht, um unseren Protest, um antifaschistische Werte, um das Eintreten für Demokratie zu kriminalisieren und zu verhindern. Die Anmelderinnen der Demonstration, die KJÖ – Kommunistische Jugend Österreichs und die Sozialistische Jugend Oberösterreich wurden verklagt, weil während der Demo ein Sachschaden auf einem Gebäude entlang der Demoroute entstand.

Die Demoanmelderinnen müssen wir nun insgesamt 23.263,45 € zahlen.

Da uns die gesamtpolitische Tragweite dieses Urteils bewusst ist und hier scheinbar versucht wird einen Präzedenzfall zu schaffen, um die Versammlungsfreiheit einzuschränken, werden wir natürlich in Berufung gehen. Das kostet aber Geld. Im Gegensatz zu den klagenden Parteien haben wir das Geld nicht und sind auf Unterstützung angewiesen. Jeder noch so kleine Beitrag hilft uns. Mit den Spenden werden unsere Anwälte und die Prozesskosten beglichen. Bei diesem Prozess geht es nicht speziell um uns, als Bündnis oder als Organisationen. Es geht auch nicht allein um den zu zahlenden Geldbetrag. Es geht um nichts Geringeres als einen Angriff auf politisches Engagement und antifaschistische Grundwerte, die eigentlich die Basis unserer Verfassung bilden. Es geht, um einen Angriff auf die Demokratie. Wehren wir uns dagegen!

Helft uns im Kampf für eine antifaschistische, solidarische Gesellschaft!

Helft uns Demokratie und Versammlungsfreiheit zu verteidigen!

Spendenkonto
Verwendungszweck: Solidarität
Konto: Bündnis Linz gegen Rechts
IBAN: AT93 5400 0002 0065 9688
BIC: OBLAAT2L

Übernommen von: http://linz-gegen-rechts.at/versammlungsfreiheit-verteidigen/

Ladungen nach Protest gegen „Identitäre“

2018 hielten die rechtsextremen „Identitären“ mehrmals sogenannte „Identitäre Zonen“ ab, bei der sie vor allem Präsenz in den Städten zeigen wollten. Zweimal fand dieses Event – de facto ein überinszenierter Infotisch mit Verteilaktion – auf der Wiener Freyung statt. Dabei sahen sich die Rechtsextremen stets mit antifaschistischer Kommentierung ihres Treibens konfrontiert. Mit parolenverzierten bunten Regenschirmen wurde der Infostand symbolisch abgeschirmt, Passant_innen über die rechtsextremen Ideologie der „Identitären“ und deren Gefährlichkeit informiert. Den Rechtsextremen wurde klar gezeigt, dass sie und ihre rassistische Propaganda nicht erwünscht sind und nie unwidersprochen bleiben werden.

Am 13.Oktober letzten Jahres wurde solch ein Protest gegen einen Infotisch der „Identitären“ von der Polizei gewaltsam unterbunden. Einige Straßen weiter kam es zu Personenkontrollen, einer längeren Anhaltung vor Ort und zwei Festnahmen. Derzeit trudeln in Bezug auf diese Ereignisse diverse Ladungen des Wiener Landesamtes für Verfassungsschutz ein. Der Vorwurf lautet zumeist § 284 (Sprengung einer Versammlung) sowie § 285 (Störung einer Versammlung). Es handelt sich dabei um einen verstaubten alten Paragraphen, der wieder einmal aus der Mottenkisten geholt wird, um Antifaschist_innen zu schikanieren.

Solltet ihr eine solche Ladung erhalten, meldet euch unter rechtsinfokollektiv@riseup.net. Macht beim Ladungstermin von eurem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch, sagt nichts, unterschreibt nichts und nehmt Einsicht in den Ermittlungsakt.

Es bleibt abzuwarten, ob diese Ladungswelle bloß ein weiterer Einschüchterungsversuch gegen antifaschistische Aktivist_innen ist, oder ob der Staat im Fahrwasser der autoritären Formierung noch mehr auffährt. In jedem Fall gilt es, dem kollektiv und unbeeindruckt zu entgegnen. Das heißt vor allem: Keine Kooperation mit den Repressionsbehörden und niemand muss sich mit diesen Schikanen alleine auseinandersetzen.

Repression nach Protesten gegen EU-Rats-Gipfeltreffen (Salzburg/Freilassing)

Mittlerweile befindet sich keine Person mehr in U-Haft, trotzdem werden strafrechtliche Verfahren erwartet, solidarisiert euch mit denen, die es getroffen hat!

Hier der Bericht der Rechtshilfe. Der Text wurde von Indymedia übernommen:

Eine Zusammenfassung und Übersicht zu den Ereignissen am 20.9. in Salzburg und Freilassing.

Bericht der Rechtshilfe zu den noS20-Protesten in Salzburg

Am Mittwoch den 19. und Donnerstag den 20. September 2018 fanden in Salzburg vielseitige Proteste gegen den unter österreichischer Schirmherrschaft veranstalteten „Informellen Gipfel der Staats- und Regierungschefs“ statt. Diese richteten sich vor allem gegen eine Abschottung der Europäischen Union nach außen, das dazugehörige und mit zynischen Kommentaren bedachte Massensterben von Geflüchteten im Mittelmeer sowie immer stärkere soziale Kontrollen im Inneren der Mitgliedsstaaten.

Nach ersten Protest-Veranstaltungen am Mittwoch, fand am Donnerstag die vom Bündnis „Solidarisches Salzburg“ organisierte Großdemo im Zentrum von Salzburg statt. Bereits bei der Anreise aus Deutschland wurde ein Zug aus München in Freilassing angehalten, die Insass_innen kontrolliert und 21 Personen vorübergehend festgenommen. Dies wurde von den „Sicherheitskräften“ vor Ort mit der „Verhinderung von potentiellen Straftaten“ begründet. Aufgrund des bayrischen Polizeiaufgabengesetzes, wurde gerechtfertigt Personen festzusetzen, ohne dass Gesetze übertreten wurden. Die in Gewahrsam genommenen wurden in die Bundespolizeiinspektion Freilassing gebracht und dort nach und nach bis zum Abend freigelassen. Vorher wurde für sie ein Ausreiseverbot für den 20.09. verhängt.

Auf der Demonstration selbst kam es auf der Linzer Straße zu einer Blockade durch die Polizei. Die Demonstrant_innen sollten dazu gezwungen werden, sich durch eine ca. 5 Meter breite Gasse weiterzubewegen, was angesichts von mindestens 1300 Teilnehmer_innen überaus gefährlich ist. Nach längeren Verhandlungen wurde dem zugestimmt. Am Ende der Demonstration begann die Polizei damit, die Rechtfertigung für ihre überzogene Präsenz und die Sperrzone kurzerhand selbst zu schaffen. Sie begannen wahllos vermeintliche Straftäter_innen erst zu kontrollieren, dann einzukesseln und im weiteren Verlauf mit reichlich Pfeffergel anzugreifen. Die Demo-Sanitäter_innen, Vienna Street Medics, berichten von ca. 40 verarzteten Protestierenden. Wir verurteilen die Gefährdung und jegliche Angriffe von Seiten der Polizeikräfte auf die Demonstrant_innen.

Im Zuge dieser Auseinandersetzungen wurden vier Personen verhaftet, die ins Polizeianhaltezentrum Salzburg überstellt wurden. Die Inhaftierung einer weiteren Person, die von der Polizei zum Abtransport bereits in den dazugehörigen Kleinbus verfrachtet worden war, konnte dank des Durchhaltevermögens von ca. 300 engagierten Demonstrationsteilnehmer_innen verhindert werden. Eine der inhaftierten Personen wurde zum Zwecke einer U-Haft-Verhandlung in die Justizanstalt Salzburg in Puch Urstein verlegt. Dort wurde gestern auf Antrag der Staatsanwält*innenschaft von der zuständigen Richterin Untersuchungshaft für die nächsten 14 Tage verhängt.

Getroffen hat es einen, gemeint sind wir alle. Das können wir gar nicht oft genug wiederholen. Die Unterstützung des Inhaftierten und der weiteren Demonstrant_innen benötigt wie an anderen Stellen schon erwähnt, Zeit, Nerven und Geld. Unter https://nos20soli.blackblogs.org findet ihr alles zur Solikampagne für die Betroffenen von Repression bei den noS20-Protesten, ein Spendenkonto und andere Unterstützungsmöglichkeiten.

Solidarität ist eine Waffe!

noS20 Rechtshilfe am 22. September 2018

Schutzzonenregelung wird vom Verfassungsgerichtshof geprüft

Strafen bei Demo gegen Al-Quds-Marsch

Am 24. Juni 2017, also ca. ein Monat nach In-Kraft-Treten der neuen Schutzzonen-Regelung kam sie wahrscheinlich zum ersten Mal zur Anwendung. Eine antifaschistische Blockade des antisemitischen Al-Quds-Marsch in der Burggasse wurde unter Berufung auf die Schutzzone geräumt und einige AktivistInnen bekamen daraufhin Verwaltungsstrafen.  Wir halfen dabei, dagegen Beschwerden zu schreiben und brachten insbesondere vor, dass das neue Gesetz wohl verfassungswidrig ist, weil es die Versammlungsfreiheit verletzt.

Das Verwaltungsgericht Wien hat nun entschieden, das Gesetz vom VfGH prüfen zu lassen, weil es ähnliche Bedenken hat. Das Verwaltungsgericht sieht dabei zwei Hauptprobleme: einerseits, dass die Notwendigkeit eines Abstands zwischen Demonstrationen nicht im Einzelfall geprüft werden muss und anderseits, dass man kaum wissen kann, ob man sich in einer Verbotszone befindet oder nicht

Die „Schutzzone“, die in § 7a VersG letztes Jahr eingeführt wurde, sollte eigentlich Verbotszone heißen, denn innerhalb dieser Zone im Umkreis von mindestens 50 m einer Versammlung ist es nun verboten, eine andere Versammlung abzuhalten, ganz egal, ob alles friedlich verläuft und ob die Versammlungen gegnerisch sind. Das Verbot ist seit 23.5.2017 in Kraft.

Absolutes Verbot und Unvorhersehbarkeit – die rechtlichen Argumente

Die Kritik am Gericht ist, dass die Verbotszone ein absolutes Versammlungsverbot darstellt, ohne, dass die Polizei eine Entscheidung im Einzelfall treffen muss: „Absolute Verbote sind besonders rechtfertigungsbedürftig, müssen auf spezifisch, eng abgesteckte Konstellationen zugeschnitten sein und Ausnahmecharakter haben.“ So ein Verbot darf nur ein letztes Mittel sein, um einen legitimes Ziel zu verfolgen (wie z.B. die Sicherheit der VersammlungsteilnehmerInnen zu gewährleisten). Das Verbot geht aber viel weiter als notwendig, es gilt nämlich auch bei verschiedenen friedlichen Versammlungen und sogar bei gleich oder ähnlich Gesinnten.

Außerdem schreibt das Verwaltungsgericht Wien, es sehe „keinen Grund, weshalb ein Versammlungsverbot für einen näher normierten und erforderlichen Schutzbereich nicht im Einzelfall auf die Notwendigkeit und damit auch auf die Verhältnismäßigkeit einer Überprüfung unterzogen werden soll.“ Die Polizei durfte ja immer schon Demonstrationen voneinander trennen und das war auch schon vor der Reform gängige Praxis, wenn die Polizei das im Einzelfall für notwendig hielt. Daher ist ein solcher Eingriff in das Versammlungsrecht nicht notwendig, und daher auch nicht verhältnismäßig und verfassungswidrig.

Zusätzlich sieht das Verwaltungsgericht auch ein Problem darin, dass man als TeilnehmerIn einer (Gegen)Demo kaum wissen kann, ob man sich in einer Verbotszone befindet oder nicht, da der Umfang nicht formell kundgemacht wird. Das heißt, man hat keine Möglichkeit genau zu wissen, ob das eigene Verhalten rechtmäßig ist oder nicht. Auf so einer Basis sollte man in einem Rechtsstaat nicht bestraft werden dürfen.

Die Vorgeschichte – Versammlungsrechtsreform 2017

Letztes Jahr gab es eine Reform des Versammlungsgesetzes, die die Versammlungsfreiheit massiv einschränkte. Zur umfassenden Kritik, siehe unseren Artikel hier (und im parlamentarischen Begutachtungsverfahren, siehe auch z.B. Netzwerk Kritische Rechtswissenschaften und epicenter.works ). Die Gesetzesreform wurde am 26.4.2017 mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP beschlossen.

Wie geht es weiter?

Wann der VfGH über die Schutzzonenregelung entscheiden wird und ob es eine öffentliche Verhandlung geben wird, wissen wir nicht. Genauso ist unklar, wie die VfGH bis dahin besetzt sein wird. Jedenfalls wird es aber eine Entscheidung darüber geben, ob die Verbotszonen für Demonstrationen verfassungswidrig sind und das Gesetz wird gegebenenfalls vom VfGH aufgehoben.

Wir halten euch auf dem Laufenden und hoffen, dass der VfGH das Gesetz aufhebt!

Wir fordern, dass die Versammlungsfreiheit nicht weiter eingeschränkt wird und stellen uns gegen repressive Reformen und autoritäre Entwicklungen!

Solidarische Grüße!

Neuer Straftatbestand gegen „Staatsfeinde“ – Veranstaltung am 4.6.2017, 14:00

Kommenden Sonntag (4.6., 14:00) sind wir bei der Anarchistischen Buchmesse am Yppenplatz mit folgendem Thema:

Mit einem neuen Straftatbestand (§ 246a StGB) sollen in Zukunft staatsfeindliche Bewegungen“ kriminalisiert werden. Eigentlich richtet sich der Paragraph gegen Gruppierungen wie die „Reichsbürger“, bei näherem Hinschauen, stellt er sich aber auch als Gefahr für radikale Linke dar. Unter den neuen Begriff der „staatsfeindlichen Bewegung“ fallen schon lose Zusammenschlüsse ab 30 Personen, die „die Hoheitsrechte der Republik Österreich, der Bundesländer oder der Gemeinden und ihrer Organe nicht anerkennen“, wenn der Zweck der „Bewegung“ ist, „auf gesetzwidrige Weise die Vollziehung von Gesetzen, Verordnungen, oder sonstigen Entscheidungen der Behörden zu verhindern“ – möglicherweise also schon eine Sitzblockade auf einer antinationalen Demo.

Nach einem Input darüber, was der Entwurf genau vorsieht, wollen wir über mögliche Auswirkungen diskutieren.