Der Vorwurf, Widerstand gegen die Staatsgewalt (§269 StGB) geleistet zu haben, gehört im Bereich des Strafrechts zu den häufigsten, die im Kontext von Demos und anderen Aktionen von den Behörden vorgebracht werden. Es ist eine gängige Strategie der Polizei, Betroffene von besonders brutalen Verhaftungen zu kriminalisieren, um ihr aggressives Vorgehen zu rechtfertigen. Trotzdem ist nicht jede Form von Widerstand aus rechtlicher Sicht gleich Widerstand gegen die Staatsgewalt und damit strafbar.
Zunächst muss die Handlung gegen eine_n österreichische_n Beamt_in gerichtet sein, um den Tatbestand zu erfüllen. Für die Praxis meistens weniger relevant ist der Widerstand gegen Amtshandlungen von anderen Behörden wie z.B. von Gerichten. Die Widerstandshandlung muss sich gegen eine „Amtshandlung“ richten, dazu zählen z.B. Festnahmen, ein Gefangenentransport, eine Hausdurchsuchung oder eine Fahrzeugkontrolle. Die Amtshandlung muss durch die Widerstandshandlung verhindert oder erheblich verzögert werden und das durch „Gewalt“ oder „Gefährliche Drohung“. Konnte die Amtshandlung trotz des Widerstandes vollzogen werden, wird oft auch der Versuch angeklagt, da auch der Versuch strafbar ist. „Gewalt“ bedeutet in diesem Zusammenhang eine aktive Einwirkung auf den Körper der Person die die Amtshandlung vornimmt, also z.B. Treten, Schlagen oder Stoßen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es zu einer Körperverletzung kommen muss. Andererseits erfüllt auch die Drohung mit Gewalt den Tatbestand, nicht aber die Gewalt gegen Sachen. Ein bloßes Losreißen fällt somit nicht unter den Paragraphen, keinesfalls passiver Widerstand wie z.B. das Festhalten an Stiegengeländern oder Verkehrsschildern oder das Bilden von Menschenketten. Außerdem muss in der Situation deutlich gewesen sein, dass es sich bei der angegriffenen Person um eine_n Beamt_in gehandelt hat. Kann eine Person das Gericht überzeugen, nicht gewusst zu haben, dass es sich um eine_n Polizist_in gehandelt hat oder dass die Bewegungen nicht dazu gedacht waren, die Festnahme zu verhindern sondern den Polizeigriff zu lockern, liegt rechtlich kein Widerstand gegen die Staatsgewalt vor. In der Praxis erleben wir häufig Freisprüche in Widerstandsprozessen, weil auch die Polizei oft Beweisschierigkeiten hat. Solidarische Zeug_innen sind in solchen Prozessen besonders wichtig, beobachtet deswegen brutale Festnahmen ganz genau und achtet auf Zeug_innenaufrufe! Auch wenn es Strafen wegen Widerstand im Kontext von Demos gibt, sind sie unserer Erfahrung nach meistens sehr gering (1-3 Monate) und meist auf Bewährung.