Am ersten Mai 2021 kam es in Wien zu einem Angriff der Polizei auf die Abschlusskundgebung der 1. Mai Demonstration im Votiv- und Sigmund-Freud Park.
Im Zuge dieser Auseinandersetzung kam es neben Übergriffen durch die Polizei auch zu Festnahmen und Anzeigen. Eine Person wurde festgenommen, weil sie laut Anklage einen Polizisten gestoßen und bei der daraufhin erfolgenden Verhaftung versucht haben soll, die Polizist:innen zu attackieren und sich durch u.a. „gezielte Tritte“ gegen die Verhaftung zu wehren.
Sie wurde noch am 1. Mai aufgrund der Vorwürfe „versuchte schwere Körperverletzung“ und „versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt“ brutal festgenommen und daraufhin über 20 h im Polizeianhaltezentrum festgehalten, da sie die Herausgabe von Personaldaten und jegliche Aussage verweigerte. DNA wurde gewaltsam per Hautabrieb vom Nacken abgenommen, gegen Fingerabdrücke und Fotos konnte die Person sich erfolgreich wehren. Nach der Drohung in Untersuchungshaft überstellt zu werden, hat sich die angeklagte Person widerwillig dazu entschieden, die Personaldaten herzugeben und wurde aus der Haft entlassen.
Beim Strafprozess im September hat die angeklagte Person die Vorwürfe bestritten und eine grundlose und brutale Verhaftung beschrieben. Auf mehreren Videos – darunter welche von Demonstrierenden und einem hochauflösenden Polizei-Video der Festnahme – waren keine Widerstandshandlungen zu sehen. Allerdings fehlte ein Video, das den Verhaftungsgrund, das angeblichen Stoßen, widerlegen konnte.
Der für die Festnahme verantwortliche Polizist versicherte der Richterin, den Stoß bzw. ein von hinten feindliches Ergreifen einer/eines andere:n Polizist:in (die:der jedoch nicht ausgeforscht werden konnte) mit Sicherheit gesehen zu haben. Diesen Stoß hatten zwei weitere als Zeugen vernommene Polizisten nicht gesehen, allerdings beschrieben sie Widerstandshandlungen bei der Festnahme, die am Video nicht erkennbar waren.
Insgesamt war diese Situation für die im Prozess urteilende Richterin nicht eindeutig genug, weswegen der Angeklagte freigesprochen wurde. Die Gründe waren: Die Geschichte des anklagenden Polizisten konnte durch Kolleg:innen nicht bezeugt werden, sie wirkte wie eingeübt und war quasi dieselbe wie im, von ihm selbst verfassten, Polizeibericht. Der:die angeblich gestoßene Polizist:in konnte nicht ausgeforscht werden. Ein weiterer Zeuge, der als Demonstrant vor Ort war, konnte glaubwürdig die Situation schildern und den Angeklagten entlasten.
Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig. Der Angeklagte bekam noch vor der Ladung zum Prozess ein Waffenverbot wegen angeblicher „Gefahr in Verzug“. Auf einen Einspruch gegen das Verbot, gab es bisher keine Reaktion.