Archiv der Kategorie: Prozessberichte

Prozessberichte von uns und anderen – viele Berichte findet ihr auch hier: https://prozess.report/

Verfassungsschutz entdeckt den Denkmalschutz oder: Wenn in Niederösterreich ein Sticker geklebt wird…

Am 13./14. April 2019 wurde in Kirnberg/Niederösterreich das Soldatendenkmal samt Dollfuß-Gedenkstätte beschädigt und beschmiert. Die mutmaßlichen Täter – ortsfremde Teilnehmer einer in der Region abgehaltenen Veranstaltung – konnten ausgeforscht werden.“ (Verfassungsschutzbericht 2019, S. 24)

Was? Es gibt in Niederösterreich eine Dollfuß-Gedenkstätte?“ werden sich historisch interessierte Leser*innen fragen. Das historische Vermächtnis des austrofaschistischen Kanzlers Engelbert Dollfuß ist schließlich die Verwandlung der Alpenrepublik in eine Diktatur sowie die mörderische Zerschlagung linker Strukturen und der Arbeiter*innenbewegung. Verfassungsschutz entdeckt den Denkmalschutz oder: Wenn in Niederösterreich ein Sticker geklebt wird… weiterlesen

Verfahren gegen Antifaschisten: Freispruch

Am 17.12.2020 wurde ein Antifaschist wegen dem Vorwurf der Körperverletzung an Jakob G., den Vorsitzenden der mit den rechtsextremen Identitären eng verbundenen Organisation „Die Österreicher“, freigesprochen.
Die angebliche Körperverletzung fand im Februar 2020 nach einem so genannten „Bürgerstammtisch“ der rechtsextremen „Die Österreicher“ am Vereinssitz der Gruppe statt.

Verfahren gegen Antifaschisten: Freispruch weiterlesen

Skandalöses Verfahren gegen Antifaschist_innen – 14 Freisprüche

Am Dienstag dem 18.08.2020 endete das Verfahren gegen 14 (!) Antifaschist_innen mit Freisprüchen in der ersten Instanz. Die Richterin begründete das Urteil eineinhalb Stunden und machte sehr deutlich, dass die Anklage ein Schmarren ist. Die Staatsanwältin Valerie Walcher meldete ein Rechtsmittel (Berufung wegen Schuld und Nichtigkeit) an. Das bedeutet eine weitere emotionale Belastung für die Angeklagten und weitere Kosten für die Verteidigung – bitte weiter Spenden!

Skandalöses Verfahren gegen Antifaschist_innen – 14 Freisprüche weiterlesen

Freispruch bei Prozess nach antifaschistischer Demonstration

Am 13. Oktober fand zum wiederholten Mal eine identitäre Zone der neofaschistischen Identitären Bewegung Österreich in der Wiener Innenstadt statt. Wie in der Vergangenheit wurde auch diese Aktion von zahlreichen Antifaschist_innen nicht unwidersprochen hingenommen, es fand spontan eine kurze Gegendemonstration statt. Die Antifaschist_innen wurden von der Polizei abgedrängt und ein Teil beim Weggehen eingekesselt. Es kam zu zwei Festnahmen und zahlreichen Identitätsfeststellungen.

Gegen eine der festgenommenen Personen fand am 11. Januar 2019 ein Prozess wegen zweimaligem versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt, sowie versuchter und vollendeter schwerer Körperverletzung an einem Polizisten statt. Insgesamt standen also vier strafrechtlich relevante Vorwürfe gegen eine Person im Raum. Der Beschuldigte soll bei der Kundgebung einen abgebrochenen Schirm auf einen Polizisten geworfen und ihn somit zu verletzen versucht haben. Später soll er sich bei einer Einkesselung seiner Anhaltung widersetzt und dabei einen Polizisten zu Boden gestoßen und dadurch verletzt haben.

Die Verhandlung wurde auf den 15. März vertagt, um weitere Zeug_innen zu laden.

Am ersten Verhandlungstag sagte der Beschuldigte aus – er habe keinen Schirm geworfen und sich bei seiner Anhaltung nicht bewusst gewehrt. Zum genauen Ablauf der Anhaltung konnte er nichts sagen, seinen Angaben nach sei alles sehr schnell gegangen und er sei von hinten zu Boden gerissen worden.

Die Verteidigung legte ein Video von der antifaschistischen Demonstration vor, auf dem der Schirmwurf auf den Beamten zu sehen war. Es war nicht ersichtlich wer den Schirm geworfen hat, aber der Beschuldigte war während dem Wurf zu sehen, wie er ruhig in der Demo stand.

Der Polizist, auf den der Schirm angeblich geworfen wurde, sagte aus, dass er den Angeklagten eindeutig identifizieren habe können. In blumiger Sprache schilderte er detailreich, wie er den Angeklagten beobachtet habe, warum er sich ganz sicher sei, dass er den Schirm geworfen habe und wie die Antifaschist_innen als schwarz-vermummte aggressive Horde eingefallen sei. Seiner Aussage nach wäre der am Video zu sehende Schirmwurf nicht derselbe, der angeklagt war. Der Schirmwurf, der auf ihn gezielt hätte, wäre auf dem Video nicht zu sehen.

Der Polizist, der bei der Anhaltung angeblich verletzt wurde, bestätigte die Aussage von den angeblich aggressiven Antifaschist_innen, die angeblich zu den Identitären durchbrechen wollten, sowie die Version, dass das Video einen anderen Schirmwurf zeigen würde.
Zu der Anhaltung könne er sich an nicht so viele Details erinnern – sicher sei er nur, dass der Angeklagte ih
n mit einem wuchtigen Stoß zu Boden befördert habe und sich auch dort massiv gewehrt habe.
Er schloss sich als Privatbeteiligter dem Verfahren mit einer Schmerzensgeldforderung an.

Ein weiterer Polizist, der zu der Anhaltung dazu gekommen sei, konnte auch davon berichten wie aggressiv und turbulent die ganze Situation war und wie massiv sich der Angeklagte gewehrt hätte.

Am zweiten Verhandlungstag wurden von der Verteidigung vorgelegte Videos abgespielt. Diese Videos stammten vom LVT, wurden jedoch von dieser Seite nie eingebracht (!), sondern durch Akteneinsicht von der Verteidigung entdeckt und zu Verfügung gestellt. Sie zeigten sowohl den Schirmwurf und dass der Angeklagte den Schirm nicht geworfen haben kann als auch, dass zahlreiche Aussagen der beiden am ersten Verhandlungstag einvernommenen Polizisten nicht den Tatsachen entsprachen. Sowohl das Verhalten des Angeklagten, als auch der Charakter der Demonstration waren grundlegend anders, als von den beiden Beamten geschildert.

Bevor die Videos abgespielt wurden, wurden die beiden anwesenden Mitarbeiter des LVT einvernommen – sie wurden spontan beantragt und befragt ob sie Kenntnisse zu den Videos oder anderen Ermittlungsergebnissen hätten. Beide gaben an dazu nichts zu wissen, sie seien lediglich zur Saalsicherung vor Ort.

Danach wurde eine Zeugin einvernommen, die mit dem Angeklagten auf der Demonstration war. Nachdem gegen sie gerade wegen Verdacht auf Störung bzw. Sprengung einer Versammlung ermittelt wird, entschlug sie sich in Teilen der Aussage. Sie konnte bestätigen, dass der Angeklagte die meiste Zeit in ihrer Nähe gewesen sei und mit Sicherheit keinen Schirm geworfen habe.

Als zweiter Zeuge der Verteidigung wurde ein Journalist einvernommen. Er hatte das erste von der Verteidigung vorgelegte Video angefertigt und sagte zur Authentizität des Videos sowie zum Charakter der Demonstration aus. Zur Anhaltung konnte er genauso wie die erste Zeugin nichts sagen.

In seinem Schlussplädoyer strich der Anwalt des Beschuldigten nochmals die Bedeutung der vorgelegten Videos des LVT heraus und wie sehr diese einerseits den Angeklagten entlasten und andererseits die Aussagen und damit die Glaubwürdigkeit der einvernommenen Beamte_innen erschüttern würden. Außerdem sei es richtig gegen Neofaschist_innen zu demonstrieren und zwar gerade auch in Nähe ihrer Veranstaltungen – die Richterin hatte nämlich am ersten Verhandlungstag kritisiert, dass die Gegendemo in räumlicher Nähe zu den Neofaschist_innen stattfand.

Die Staatsanwältin war in Anbetracht der durch die Videos widerlegten Aussagen der Polizist_innen sehr verhalten und hielt entsprechend ihr Plädoyer sehr kurz.

Die Richterin sprach den Angeklagten von allen Vorwürfen frei. Bei dem Schirmwurf wäre durch die Videos zweifelsfrei widerlegt, dass der Beschuldigte diesen geworfen habe. Sie lobte die Verteidigung, dass diese die Videos aufgetrieben habe, da diese für die Wahrheitsfindung enorm wichtig gewesen wären. (Anmerkung: die Videos waren in Besitz der Polizei welche sie nicht ins Verfahren eingebracht hat!)
Sie führte weiter aus, dass die durch die Videos belegte Realität so stark von der Erinnerung der Polizist_innen abweiche und dies zeige nur wie unzuverlässig das Gedächtnis oft funktionieren würde. Nachdem der genaue Hergang bei der Anhaltung nicht geklärt sei (wer wen genau im allgemeinen Tumult gestoßen – oder eben auch nicht gestoßen habe etc.), könne dem Angeklagten kein Widerstand und auch keine Körperverletzung nachgewiesen werden und somit ein Freispruch im Zweifel gefällt
werden.

Support S.! Gerichtsverhandlung am 15.10.2013

(dieser Aufruf stammt nicht von uns, wir leiten ihn aber gerne weiter)

**english version below**
Am 28. Juli 2013 wurden acht Personen der Wiener Refugee-Bewegung festgenommen und innerhalb der folgenden zwei Tage abgeschoben. Seit fast einem Jahr kämpften die Aktivisten für Bewegungsfreiheit, gegen das Grenzregime der EU und das österreichische Asylsystem.
Regierung und Polizei beantworteten die Proteste mit der Abschiebung der acht Menschen.
Die Reaktion der Bewegung waren zahlreiche Protestaktionen.
Blockadeversuche der Transporter, die die Betroffenen zum Flughafen bringen sollten, wurden von der Polizei brutal geräumt – doch der Protest ging am Flughafen weiter, durch Flyer und Transparente sollte auf die Abschiebungen aufmerksam gemacht werden.

S., die sich an Bord eines der Abschiebeflüge befand, protestierte gegen die Abschiebung, woraufhin sie gewaltsam festgenommen wurde. Jetzt wird ihr Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen.
Deswegen hat sie am 15. Oktober 2013 einen Prozess im Landesgericht Korneuburg und wünscht sich solidarische Prozessbeobachtung.
Wir lassen S. nicht alleine, sie ist nicht die Einzige, die im Zuge der Proteste von Repression betroffen ist. Und das ist kein Zufall: Solches Vorgehen gegen Einzelne dient als Repression gegen uns alle.
Deswegen werden wir am 15.10. gemeinsam nach Korneuburg fahren und freuen uns, wenn noch mehr Leute mitkommen.
Der Treffpunkt für die gemeinsame Anfahrt nach Korneuburg ist am 15.10. um 11:20 beim Bahnhof Praterstern vor dem Infoschalter der Wiener Linien. Der Zug geht dann um 11:35.
Der Prozess findet um 13:15 Uhr im Landesgericht Korneuburg, Landesgerichtsplatz 1, 2100 Korneuburg. Saal 15, Zimmer Nummer LG 042, Erdgeschoß, statt.
Wenn ihr S. unterstützen wollt, schreibt gerne auch an support.s@riseup.net – ihr könnt Solistatements schreiben, diesen Artikel vervielfältigen, eure Sparbücher auflösen und für die AnwältInnenkosten spenden, Aktionen organisieren, oder selbst kreativ werden. Falls ihr Fragen habt oder Mitfahrgelegenheiten zum Prozess anbieten könnt, meldet euch bitte auch.
No Border! No Nation! Stop Deportations!
Fight Repression!
****************************************************************************************************
On 28th July 2013 eight persons of the refugee protest in Vienna were arrested and deported during the next two days. For almost a year, activists had been struggling for the freedom of movement, against the border regime of the European Union and the Austrian asylum system. The deportations of those eight people was the response of the government and the police.
The movement reacted to the deportations with numerous protest actions.
Attempts to blockade the transporter which were bringing the 8 activists to the airport were brutally evicted by the police – but the actions continued at the airport; leaflets and banners were used to draw attention to the deportations.
S., who was on board of one of the deportation flights, was arrested after protesting against the deportations. Now she is accused of resistance against the state authority.
Therefore, S. will have a process on 15th October 2013 at the regional court of Korneuburg.
She is calling for solidarity in court.
S. is not the only person who was affected by the repression targeted at the anti-racist protests. This is no coincidence: Confronting single persons with measures like these is a means of repression against all of us.
We won’t leave S. alone in this situation!

We will go to Kornneuburg together on the 15th of October and are happy if more people join us!
Meeting point for the train to Kornneuburg is 11:20 a.m. at Praterstern (trainstation) infront of the Wiener Linien information desk. The train is leaving at 11.35 a.m.
The process will be starting at 1:15 p.m. in the regional court of Kornneuburg, Landesgerichtsplatz 1, 2100 Kornneuburg, hall no. 15, room no. LG 042 ground floor.
No Border! No Nation! Stop Deportations!
Fight Repression!
If you want to support S write a mail to support.s@riseup.net – write statements of solidarity, distribute our call-out, cancel your savings account and donate the money to pay the lawyers, organize actions – be creative!
Also in case you have any questions or can offer rides to the place where the process takes place, don’t hesistate to contact us.