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Konstruierte Anklage gegen Antifaschist*innen

Im Oktober 2018 hielt die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ in der Wiener Innenstadt einen Infostand ab. Dies blieb von Antifaschist*innen nicht unbemerkt und es kam zu spontanen Protestaktionen dagegen. Während die Antifaschist*innen die Öffentlichkeit auf das rechtsextreme Treiben aufmerksam machten, versuchte die Polizei, dies zu verhindern und drängte die spontanen Proteste immer weiter vom Geschehen ab. Die Polizei kesselte eine Gruppe von Antifaschist*innen ein und nahm Identitätsfeststellungen sowie mehrere Festnahmen vor.

Wegen dieses Vorfalls kam es bereits im letzten Jahr zu Verfahren gegen Antifaschist*innen, die mit Freisprüchen bzw. Einstellungen endeten. Nun sind 14 Aktivist*innen angeklagt. Laut Staatsanwaltschaft hätten sie u.a. durch das „Rufen von Parolen“ versucht, die „Versammlung“ der Rechtsextremen zu sprengen. 13 von ihnen wird zudem vorgeworfen, durch den Wurf eines (!) abgebrochenen Regenschirms eine versuchte schwere Körperverletzung an einem Polizisten begangen zu haben.

Diese Verfahren zeigen erneut deutlich, dass Polizei und Justiz gewillt sind, Antifaschist*innen zu verfolgen und zu kriminalisieren – egal, wie absurd die Vorwürfe auch sind. Dabei schützen sie die rechtsextremen Identitären, die nicht nur ideologisch mit den rechtsextremen Massenmördern von Christchurch und Hanau und dem rechtsextremen Mörder von Walter Lübcke verbunden sind.

Repression kostet Geld! Ihr könnt die betroffenen Aktivist*innen mit Spenden für die anfallenden Prozess- und Anwaltskosten unterstützen:

Rote Hilfe Wien 
IBAN: AT46 6000 0103 1036 9883 
Verwendungszweck: Abschirmen 

Solltet ihr in dieser Angelegenheit auch von Repression betroffen sein, Vorladungen bekommen haben, etc. schreibt an: faschosabschirmen@riseup.net

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Strafen wegen Verstoß gegen Ausgangsbeschränkungen (Text vom 23.4.2020 – Achtung! Die Gesetze/Verordnungen ändern sich häufig!)

Liebe Leute,

nehmt die Covid-Pandemie ernst. Informiert euch, wie ihr eure körperliche und seelische Gesundheit und die anderer Menschen schützen könnt. Wichtig ist es, das Ansteckungsrisiko möglichst gering zu halten und nicht gesetzliche Verbote oder Gebote.

Die Gesetze und Verbote können sich jeden Tag ändern. Die Ausgangsbeschränkungs-Verordnung sagt, es ist grundsätzlich verboten, den öffentlichen Raum zu betreten. Der öffentliche Raum ist überall, wo immer (oder zu bestimmten Zeiten) alle Menschen hingehen können. Zum Beispiel, die Straße, ein Platz oder ein Park.

Es gibt aber einige Ausnahmen, wie Lebensmittel einkaufen oder alleine spazieren gehen. Die Ausnahmen sind aber sehr unklar formuliert. Umstritten ist, zum Beispiel, ob man jemanden draußen treffen darf, wenn man ausreichend Abstand einhält.

Wenn man gegen dieses Verbot verstößt, begeht man eine Verwaltungsübertretung. Dafür kann es eine Geldstrafe geben. Wenn man die Geldstrafe nicht bezahlen kann, kann man auch eingesperrt werden.

Das bedeutet, dass die Polizei Menschen im öffentlichen Raum kontrollieren kann. Die Polizei kann also Kinder, die Fußball spielen oder Freund_innen, die spazieren gehen, bestrafen. Das wollen wir nicht!

Wir glauben, dass viele dieser Strafen eigentlich gegen das Gesetz sind. Wenn man sich gegen sie wehrt, muss man sie vielleicht nicht zahlen. Sicher ist das aber nicht.

Zwei Aspekte sind nach unserer vorläufigen Einschätzung jedoch rechtlich in Ordnung:

– Das Verbot Sportplätze zu betreten.

– Maskenpflicht an den jeweiligen Orten für Erwachsene (bzw. Tragen eines Tuches um Mund und Nase)

– Die Pflicht in Fahrzeugen einen Meter Abstand zu anderen Personen einzuhalten

Wenn ihr wegen einem möglichen Verstoß gegen die Ausgangsbeschränkungen Probleme habt, könnt ihr uns gerne schreiben. Wir helfen euch dabei, euch zu wehren, wenn wir glauben, dass es aussichtsreich ist.

Die Polizei darf jetzt „Organstrafen“ austeilen. Das bedeutet, sie hat die Möglichkeit sehr schnell und ohne besonderen Verwaltungsaufwand eine (Organ)Strafe zu erlassen. Es gibt dann kein Verfahren, in dem ihr euren Standpunkt darstellen könnt. Dafür ist die Strafe aber geringer und es gibt fixe Beträge. (25 € für einen Verstoß gegen die Maskenpflicht; 50 € für andere Verstöße). Ihr bekommt eine Rechnung und müsst sofort bezahlen. (Manche Organstrafen muss man binnen zwei Wochen einzahlen. Bei den Corona-Strafen gibt es diese Möglichkeit wohl nicht.) Wenn ihr bezahlt, ist das Verfahren damit beendet. Es erfolgt dann auch keine Eintragung in das Verwaltungsstrafregister. Wenn ihr nicht bezahlt, dann wird ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Ihr könnt also kein Rechtsmittel gegen eine Organstrafverfügung einlegen. Wollt ihr gegen die Organstrafe vorgehen, dürft ihr sie nicht bezahlen. Bitte beachtet, dass die Verwaltungsstrafe, dann höher wird (max. 3.600 €). Nicht zu zahlen macht also nur Sinn, wenn ihr bis zum Landesverwaltungsgericht gehen wollt. Dafür braucht ihr keinen Anwalt und wir unterstützen euch. Wir können den Ausgang des Verfahrens nicht vorhersagen, glauben aber, dass viele Strafen rechtlich nicht gedeckt sind. Überlegt euch im Vorhinein, ob ihr die Organstrafe zahlen wollt oder nicht. Am besten besprecht auch mit eurem Umfeld, ob Leute bereit wären, die Strafe gemeinsam zu zahlen, falls ihr dagegen vorgehen wollt und es schief geht. Solidarität ist eine Waffe!

Die Polizei kann übrigens frei entscheiden, ob sie euch eine „Organstrafe“ oder eine normale Strafe gibt.

Wenn ihr keine „Organstrafe“ bekommt oder diese nicht bezahlt habt, beginnt ein Verwaltungsstrafverfahren mit einer „Strafverfügung“ oder einer „Aufforderung zur Rechtfertigung“. Hier findet ihr genauere Infos zum Verfahrensablauf. Ihr müsst in dieser Phase des Verfahrens selbst aktiv werden und ein Rechtsmittel einlegen, wenn ihr gegen die Strafe vorgehen wollt. Bitte bedenkt, dass man bei diesen Strafen Fristen beachten muss. Wie lange ihr Zeit habt, steht auf der Strafe.

Wenn man mit dem Rechtsmittel Erfolg hat, muss man die Strafe nicht oder weniger zahlen. Wenn man keinen Erfolg hat, kann die Strafe um 30% teurer werden (Verfahrenskosten).

Wird man von der Polizei kontrolliert, ist das unangenehm und manchmal gefährlich. Wenn die Polizei kommt, passt auf euch und andere auf.

Wenn die Polizei Sachen macht, die sie gar nicht darf, kann man sich wehren. Man kann, zum Beispiel, eine Maßnahmenbeschwerde machen. Eine Maßnahmenbeschwerde ist aber nicht immer gut. Wenn ihr eine Maßnahmenbeschwerde verliert, ist das sehr teuer. Wenn ihr eine Maßnahmenbeschwerde gewinnt, sagt ein Gericht nur: „Es war nicht okay, was die Polizei gemacht hat“. Daher überlegt euch besser zwei mal, ob ihr eine Maßnahmenbeschwerde machen wollt.

Was ist eigentlich gerade verboten?

Wir können euch nicht genau sagen, was gerade erlaubt oder verboten ist. Nicht einmal die Regierung selbst, weiß das gerade. Viel Verbote sind unklar.

Wir haben oben geschrieben, dass es die Ausgangsbeschränkungs-Verordnung gibt. Den Text der Verordnung findet ihr am Ende des Artikels und im oberen Abschnitt steht mehr zu diesen Verboten.

Es gibt aber auch Verbote in anderen Verordnungen. Zum Beispiel, müssen viele Betriebe derzeit geschlossen bleiben. Auch kann es in bestimmten Gegenden strengere Regeln geben.

Wir glauben, dass man viele Strafen nicht zahlen muss, wenn man sich wehrt.

Wir unterstützen euch, wenn ihr euch wehren wollt. Schreibt uns eine E-Mail:

rechtsinfokollektiv [at] riseup.net

Auch die Rote Hilfe Wien (https://rotehilfe.wien/kontakt/) und die Solidaritätsgruppe Wien (https://www.solidaritaetsgruppe.org/) können euch helfen.

Ausgangsbeschränkungen – Verordnung gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes Fassung 22.4.2020 – Die akutelle Fassung der Verordnung findet ihr hier. Die Verordnung basiert auf dem Covid-Maßnahmen-Gesetz.

§ 1. Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 ist das Betreten öffentlicher Orte verboten.

§ 2. Ausgenommen vom Verbot gemäß § 1 sind Betretungen,

1. die zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum erforderlich sind;

2. die zur Betreuung und Hilfeleistung von unterstützungsbedürftigen Personen dienen;

3. die zur Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens erforderlich sind und sichergestellt ist, dass am Ort der Deckung des Bedarfs zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann, sofern nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann. Diese Ausnahme schließt auch Begräbnisse im engsten Familienkreis mit ein;

3a. zum Erwerb von Waren oder Inanspruchnahme von Dienstleistungen nach Maßgabe der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl. II Nr. 96/2020 idgF;

4. die für berufliche Zwecke erforderlich sind und sichergestellt ist, dass am Ort der beruflichen Tätigkeit zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann, sofern nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann. Das verpflichtende Tragen von den Mund- und Nasenbereich gut abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung als Barriere gegen Tröpfcheninfektion in Bereichen, wo dies nicht ohnehin auf Grund anderer Rechtsvorschriften verpflichtend erforderlich ist, ist nur im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zulässig. Dabei ist darauf zu achten, dass eine berufliche Tätigkeit vorzugweise außerhalb der Arbeitsstätte erfolgen soll, sofern dies möglich ist und Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber ein Einvernehmen finden.

4a. zum Zweck der Nutzung nicht öffentlicher Sportstätten im Sinn des § 5 Abs. 2;

5. wenn öffentliche Orte im Freien alleine, mit Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, oder mit Haustieren betreten werden sollen, gegenüber anderen Personen ist dabei ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.

§ 3 Das Betreten von

1. Kuranstalten gemäß § 42a KAKuG ist für Kurgäste verboten,

2. Einrichtungen, die der Rehabilitation dienen, ist für Patienten/-innen verboten, ausgenommen zur Inanspruchnahme unbedingt notwendiger medizinischer Maßnahmen der Rehabilitation im Anschluss an die medizinische Akutbehandlung sowie im Rahmen von Unterstützungsleistungen für Allgemeine Krankenanstalten.

§ 4 Abs. 1 Das Betreten des Kundenbereichs in Massenbeförderungsmitteln ist nur zulässig, wenn dabei eine den Mund- und Nasenbereich gut abdeckende mechanische Schutzvorrichtung als Barriere gegen Tröpfcheninfektion getragen wird und bei der Benützung gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter gegenüber anderen Personen eingehalten wird. Die Pflicht zum Tragen der mechanischen Schutzvorrichtung gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr.

Abs. 2 Fahrgemeinschaften mit Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, sind nur zulässig, wenn dabei eine den Mund- und Nasenbereich gut abdeckende mechanische Schutzvorrichtung als Barriere gegen Tröpfcheninfektion getragen wird und gegenüber anderen Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten wird. Die Pflicht zum Tragen der mechanischen Schutzvorrichtung gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr.

§ 5. Abs. 1 Das Betreten von Sportplätzen ist verboten.

Abs. 2 Ausgenommen vom Verbot des Abs. 1 sind Betretungen nicht öffentlicher Sportstätten

Z.1 durch Spitzensportlerinnen und Spitzensportler im Sinne des § 3 Z 8 BSFG 2017, auch aus dem Bereich des Behindertensportes, die ihre sportliche Tätigkeit beruflich ausüben, daraus Einkünfte erzielen und bereits an internationalen Wettkämpfen im Sinne des § 3 Z 5 BSFG 2017 teilgenommen haben, sowie deren Betreuerinnen bzw. Betreuer und Trainerinnen bzw. Trainer. Zwischen Spitzensportlerinnen bzw. Spitzensportlern, Betreuerinnen bzw. Betreuern und Trainerinnen bzw. Trainern ist ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten. Dabei ist darauf zu achten, dass Trainingseinheiten, sofern möglich, nicht in geschlossenen Räumlichkeiten erfolgen. Bei Trainingseinheiten in geschlossenen Räumlichkeiten hat pro Person 20 m² der Gesamtfläche der Räumlichkeit zur Verfügung zu stehen. Dies gilt auch für Gemeinschaftsräume.

Z.2 durch Kaderspieler, Betreuerinnen bzw. Betreuer und Trainerinnen bzw. Trainer der zwölf Vereine der höchsten Spielklasse der österreichischen Fußball-Bundesliga sowie der ÖFB-Cup-Finalisten, in Kleingruppen von maximal sechs Kaderspielern mit gleichbleibender personeller Zusammensetzung. Zwischen Kaderspielern, Betreuerinnen bzw. Betreuern und Trainerinnen und Trainern ist ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten. Dabei ist darauf zu achten, dass Trainingseinheiten, sofern möglich, nicht in geschlossenen Räumlichkeiten erfolgen. Hinsichtlich der Trainingseinheiten in geschlossenen Räumlichkeiten, gelten die Vorschriften der Z 1.

§ 6. Im Fall der Kontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind die Gründe, warum eine Betretung gemäß § 2 zulässig ist, glaubhaft zu machen.

Versammlungsfreiheit wird weiter eingeschränkt

Es gibt nun Versuche, Anmelder_innen von Versammlungen für Schäden, die im Rahmen der Demonstration stattfinden, haften zu lassen. Wir denken, dass die Schadenersatzklage vor den Höchstgerichten nicht standhalten wird. Jedoch sehen wir bereits die Tatsache, dass Klage eingebracht wurde als Einschränkung der Versammlungsfreiheit.

Hier ein Text von Linz gegen Rechts dazu:

Im Jahr 2016 fand in Linz eines der größten rechtsextremen Vernetzungstreffen im deutschsprachigen Raum statt. Als Bündnis „Linz gegen Rechts“ organisierten wir eine riesige Demonstration, die sich gegen Rassismus, Hass und Hetze und für ein solidarisches und gemeinsames Miteinander aussprach. Der Druck, der durch die Demonstration und die Bevölkerung aufgebaut wurde, war so groß, dass dieses fragwürdige Treffen im darauffolgenden Jahr weder in öffentlichen Räumlichkeiten, noch in der Landeshauptstadt Linz stattfinden konnte.

Nun wird alles versucht, um unseren Protest, um antifaschistische Werte, um das Eintreten für Demokratie zu kriminalisieren und zu verhindern. Die Anmelderinnen der Demonstration, die KJÖ – Kommunistische Jugend Österreichs und die Sozialistische Jugend Oberösterreich wurden verklagt, weil während der Demo ein Sachschaden auf einem Gebäude entlang der Demoroute entstand.

Die Demoanmelderinnen müssen wir nun insgesamt 23.263,45 € zahlen.

Da uns die gesamtpolitische Tragweite dieses Urteils bewusst ist und hier scheinbar versucht wird einen Präzedenzfall zu schaffen, um die Versammlungsfreiheit einzuschränken, werden wir natürlich in Berufung gehen. Das kostet aber Geld. Im Gegensatz zu den klagenden Parteien haben wir das Geld nicht und sind auf Unterstützung angewiesen. Jeder noch so kleine Beitrag hilft uns. Mit den Spenden werden unsere Anwälte und die Prozesskosten beglichen. Bei diesem Prozess geht es nicht speziell um uns, als Bündnis oder als Organisationen. Es geht auch nicht allein um den zu zahlenden Geldbetrag. Es geht um nichts Geringeres als einen Angriff auf politisches Engagement und antifaschistische Grundwerte, die eigentlich die Basis unserer Verfassung bilden. Es geht, um einen Angriff auf die Demokratie. Wehren wir uns dagegen!

Helft uns im Kampf für eine antifaschistische, solidarische Gesellschaft!

Helft uns Demokratie und Versammlungsfreiheit zu verteidigen!

Spendenkonto
Verwendungszweck: Solidarität
Konto: Bündnis Linz gegen Rechts
IBAN: AT93 5400 0002 0065 9688
BIC: OBLAAT2L

Übernommen von: http://linz-gegen-rechts.at/versammlungsfreiheit-verteidigen/

Freispruch bei Prozess nach antifaschistischer Demonstration

Am 13. Oktober fand zum wiederholten Mal eine identitäre Zone der neofaschistischen Identitären Bewegung Österreich in der Wiener Innenstadt statt. Wie in der Vergangenheit wurde auch diese Aktion von zahlreichen Antifaschist_innen nicht unwidersprochen hingenommen, es fand spontan eine kurze Gegendemonstration statt. Die Antifaschist_innen wurden von der Polizei abgedrängt und ein Teil beim Weggehen eingekesselt. Es kam zu zwei Festnahmen und zahlreichen Identitätsfeststellungen.

Gegen eine der festgenommenen Personen fand am 11. Januar 2019 ein Prozess wegen zweimaligem versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt, sowie versuchter und vollendeter schwerer Körperverletzung an einem Polizisten statt. Insgesamt standen also vier strafrechtlich relevante Vorwürfe gegen eine Person im Raum. Der Beschuldigte soll bei der Kundgebung einen abgebrochenen Schirm auf einen Polizisten geworfen und ihn somit zu verletzen versucht haben. Später soll er sich bei einer Einkesselung seiner Anhaltung widersetzt und dabei einen Polizisten zu Boden gestoßen und dadurch verletzt haben.

Die Verhandlung wurde auf den 15. März vertagt, um weitere Zeug_innen zu laden.

Am ersten Verhandlungstag sagte der Beschuldigte aus – er habe keinen Schirm geworfen und sich bei seiner Anhaltung nicht bewusst gewehrt. Zum genauen Ablauf der Anhaltung konnte er nichts sagen, seinen Angaben nach sei alles sehr schnell gegangen und er sei von hinten zu Boden gerissen worden.

Die Verteidigung legte ein Video von der antifaschistischen Demonstration vor, auf dem der Schirmwurf auf den Beamten zu sehen war. Es war nicht ersichtlich wer den Schirm geworfen hat, aber der Beschuldigte war während dem Wurf zu sehen, wie er ruhig in der Demo stand.

Der Polizist, auf den der Schirm angeblich geworfen wurde, sagte aus, dass er den Angeklagten eindeutig identifizieren habe können. In blumiger Sprache schilderte er detailreich, wie er den Angeklagten beobachtet habe, warum er sich ganz sicher sei, dass er den Schirm geworfen habe und wie die Antifaschist_innen als schwarz-vermummte aggressive Horde eingefallen sei. Seiner Aussage nach wäre der am Video zu sehende Schirmwurf nicht derselbe, der angeklagt war. Der Schirmwurf, der auf ihn gezielt hätte, wäre auf dem Video nicht zu sehen.

Der Polizist, der bei der Anhaltung angeblich verletzt wurde, bestätigte die Aussage von den angeblich aggressiven Antifaschist_innen, die angeblich zu den Identitären durchbrechen wollten, sowie die Version, dass das Video einen anderen Schirmwurf zeigen würde.
Zu der Anhaltung könne er sich an nicht so viele Details erinnern – sicher sei er nur, dass der Angeklagte ih
n mit einem wuchtigen Stoß zu Boden befördert habe und sich auch dort massiv gewehrt habe.
Er schloss sich als Privatbeteiligter dem Verfahren mit einer Schmerzensgeldforderung an.

Ein weiterer Polizist, der zu der Anhaltung dazu gekommen sei, konnte auch davon berichten wie aggressiv und turbulent die ganze Situation war und wie massiv sich der Angeklagte gewehrt hätte.

Am zweiten Verhandlungstag wurden von der Verteidigung vorgelegte Videos abgespielt. Diese Videos stammten vom LVT, wurden jedoch von dieser Seite nie eingebracht (!), sondern durch Akteneinsicht von der Verteidigung entdeckt und zu Verfügung gestellt. Sie zeigten sowohl den Schirmwurf und dass der Angeklagte den Schirm nicht geworfen haben kann als auch, dass zahlreiche Aussagen der beiden am ersten Verhandlungstag einvernommenen Polizisten nicht den Tatsachen entsprachen. Sowohl das Verhalten des Angeklagten, als auch der Charakter der Demonstration waren grundlegend anders, als von den beiden Beamten geschildert.

Bevor die Videos abgespielt wurden, wurden die beiden anwesenden Mitarbeiter des LVT einvernommen – sie wurden spontan beantragt und befragt ob sie Kenntnisse zu den Videos oder anderen Ermittlungsergebnissen hätten. Beide gaben an dazu nichts zu wissen, sie seien lediglich zur Saalsicherung vor Ort.

Danach wurde eine Zeugin einvernommen, die mit dem Angeklagten auf der Demonstration war. Nachdem gegen sie gerade wegen Verdacht auf Störung bzw. Sprengung einer Versammlung ermittelt wird, entschlug sie sich in Teilen der Aussage. Sie konnte bestätigen, dass der Angeklagte die meiste Zeit in ihrer Nähe gewesen sei und mit Sicherheit keinen Schirm geworfen habe.

Als zweiter Zeuge der Verteidigung wurde ein Journalist einvernommen. Er hatte das erste von der Verteidigung vorgelegte Video angefertigt und sagte zur Authentizität des Videos sowie zum Charakter der Demonstration aus. Zur Anhaltung konnte er genauso wie die erste Zeugin nichts sagen.

In seinem Schlussplädoyer strich der Anwalt des Beschuldigten nochmals die Bedeutung der vorgelegten Videos des LVT heraus und wie sehr diese einerseits den Angeklagten entlasten und andererseits die Aussagen und damit die Glaubwürdigkeit der einvernommenen Beamte_innen erschüttern würden. Außerdem sei es richtig gegen Neofaschist_innen zu demonstrieren und zwar gerade auch in Nähe ihrer Veranstaltungen – die Richterin hatte nämlich am ersten Verhandlungstag kritisiert, dass die Gegendemo in räumlicher Nähe zu den Neofaschist_innen stattfand.

Die Staatsanwältin war in Anbetracht der durch die Videos widerlegten Aussagen der Polizist_innen sehr verhalten und hielt entsprechend ihr Plädoyer sehr kurz.

Die Richterin sprach den Angeklagten von allen Vorwürfen frei. Bei dem Schirmwurf wäre durch die Videos zweifelsfrei widerlegt, dass der Beschuldigte diesen geworfen habe. Sie lobte die Verteidigung, dass diese die Videos aufgetrieben habe, da diese für die Wahrheitsfindung enorm wichtig gewesen wären. (Anmerkung: die Videos waren in Besitz der Polizei welche sie nicht ins Verfahren eingebracht hat!)
Sie führte weiter aus, dass die durch die Videos belegte Realität so stark von der Erinnerung der Polizist_innen abweiche und dies zeige nur wie unzuverlässig das Gedächtnis oft funktionieren würde. Nachdem der genaue Hergang bei der Anhaltung nicht geklärt sei (wer wen genau im allgemeinen Tumult gestoßen – oder eben auch nicht gestoßen habe etc.), könne dem Angeklagten kein Widerstand und auch keine Körperverletzung nachgewiesen werden und somit ein Freispruch im Zweifel gefällt
werden.

Ladungen nach Protest gegen „Identitäre“

2018 hielten die rechtsextremen „Identitären“ mehrmals sogenannte „Identitäre Zonen“ ab, bei der sie vor allem Präsenz in den Städten zeigen wollten. Zweimal fand dieses Event – de facto ein überinszenierter Infotisch mit Verteilaktion – auf der Wiener Freyung statt. Dabei sahen sich die Rechtsextremen stets mit antifaschistischer Kommentierung ihres Treibens konfrontiert. Mit parolenverzierten bunten Regenschirmen wurde der Infostand symbolisch abgeschirmt, Passant_innen über die rechtsextremen Ideologie der „Identitären“ und deren Gefährlichkeit informiert. Den Rechtsextremen wurde klar gezeigt, dass sie und ihre rassistische Propaganda nicht erwünscht sind und nie unwidersprochen bleiben werden.

Am 13.Oktober letzten Jahres wurde solch ein Protest gegen einen Infotisch der „Identitären“ von der Polizei gewaltsam unterbunden. Einige Straßen weiter kam es zu Personenkontrollen, einer längeren Anhaltung vor Ort und zwei Festnahmen. Derzeit trudeln in Bezug auf diese Ereignisse diverse Ladungen des Wiener Landesamtes für Verfassungsschutz ein. Der Vorwurf lautet zumeist § 284 (Sprengung einer Versammlung) sowie § 285 (Störung einer Versammlung). Es handelt sich dabei um einen verstaubten alten Paragraphen, der wieder einmal aus der Mottenkisten geholt wird, um Antifaschist_innen zu schikanieren.

Solltet ihr eine solche Ladung erhalten, meldet euch unter rechtsinfokollektiv@riseup.net. Macht beim Ladungstermin von eurem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch, sagt nichts, unterschreibt nichts und nehmt Einsicht in den Ermittlungsakt.

Es bleibt abzuwarten, ob diese Ladungswelle bloß ein weiterer Einschüchterungsversuch gegen antifaschistische Aktivist_innen ist, oder ob der Staat im Fahrwasser der autoritären Formierung noch mehr auffährt. In jedem Fall gilt es, dem kollektiv und unbeeindruckt zu entgegnen. Das heißt vor allem: Keine Kooperation mit den Repressionsbehörden und niemand muss sich mit diesen Schikanen alleine auseinandersetzen.