In letzter Zeit schickt das Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten im Verwaltungsstrafverfahren anstelle der üblichen „Strafverfügung“ häufig gleich eine „Aufforderung zur Rechtfertigung“ (zuvor war das der zweite Schritt nach der Strafverfügung).
Diese Praxis ist für uns zwar neu, bringt aber im Grunde nicht viel Neues für den Umgang mit Verwaltungsstrafen. Rechtlich gesehen greift die Behörde neuerdings auf das ordentliche, statt auf das verkürzte Verfahren zurück und beginnt (formell) gleich mit den Ermittlungen (dh es fordert zur Rechtfertigung auf), anstatt zuerst eine Strafverfügung auszustellen, auf die mit Einspruch reagiert werden kann.
Ein paar wichtige Punkte:
– Eine „Aufforderung zur Rechtfertigung“ kann nicht beinsprucht werden. Die sonst übliche Vorgehensweise „Durchstreichen+ Einspruch draufschreiben“ macht hier keinen Sinn.
– Auch Strafminderung kann nicht beantragt werden, da noch keine Strafhöhe bekannt ist.
– Wenn ihr die Frist verpasst oder ihr euch bewusst nicht rechtfertigt geht das Verfahren trotzdem weiter, es können lediglich Verfahrenskosten dazukommen. Ihr bekommt als nächstes Schriftstück ein Straferkenntnis, auf das ihr innerhalb von 4 Wochen mit einer Beschwerde reagieren könnt (hier endet das Verfahren wenn ihr die Frist verstreichen lasst).
– Wir finden es sinnvoll, sich nicht oder nur sehr knapp zu rechtfertigen um nicht der ermittelnden Behörde die Argumentation für eine spätere Verhandlung offen zu legen. Wenn ihr etwas schreiben wollt, überlegt es euch gut und holt euch unbedingt vorher die Akten.
In diesem Abschnitt des Verfahrens werden Strafen unserer Erfahrung nach sehr, sehr selten eingestellt. Da noch ermittelt wird, wird eure Stellungnahme wahrscheinlich den beim Vorfall anwesenden Beamt_innen vorgelegt, die so eine Gelegenheit mehr haben ihre Argumente, die eure Schuld begründen sollen auszubreiten. Auch raten wir nicht, die Vermögensverhältnisse detailiert offen zu legen, wie das Schreiben nahelegt, ihr seid dazu auch nicht verpflichtet.