„Vorbeugung“ und „Deeskalation“: Körperkameras als Repressionsmaßnahme

Kürzlich berichtete die Tageszeitung „Die Presse“ erstmals über geplante „Pilotversuche“ zum Einsatz von Körperkameras an Polizist_innen in Wien und zwei noch nicht näher konkretisierten Bundesländern. Innenministerin Mikl-Leitner kündigte bereits im Juni 2014 an, die rechtliche Zulässigkeit von „Body-Cams“ prüfen zu lassen. Mittlerweile sind die Körperkameras auch im Entwurf des reformierten Sicherheitspolizeigesetz (SPG) vorgesehen. Die Novelle ist Teil der geplanten Staatsschutzreform und im Kontext der großangelegten Erweiterung von sicherheitspolizeilichen Befugnissen zu sehen. Insofern ist es sehr wahrscheinlich, dass die Körperkameras in näherer Zeit Teil der Polizeiarbeit sein werden. Aufgezeichnet werden nicht nur Bilder sondern auch Ton.

Seit den Protesten gegen den Akademiker-Ball 2014 filmt die Polizei immer häufiger Demonstrationen. Bisher waren auf Demos oft Kamerawagen oder Beamt_innen mit Kameras im Einsatz. Erfahrungen zeigen, dass für die Polizei belastendes bzw. für Beschuldigte entlastendes Material oft ungern herausgerückt wird. In einem Prozess vor einigen Monaten war die relevante, den Polizisten belastende Sequenz sogar herausgeschnitten worden, wie man am Zeitstempel der Videoaufnahmen sehen konnte. Die mehrstündigen Videoaufnahmen zeigten primär Gesichter von Demonstrant_innen in Nahaufnahme, kein Wunder also, dass das Videomaterial erst nach mehrmaligem Nachhaken der Richterin herausgegeben wurde, da die Aufnahmen nicht den Einsatz an sich, sondern nur die Identität der Anwesenden dokumentierte.

Die Körperkameras sollen laut geplantem Gesetz nicht permanent eingeschaltet sein, sondern nur dann von den Beamt_innen aktiviert werden, wenn es zu einer Amtshandlung kommt. Das bedeutet, dass die Cops selbst entscheiden können, wann sie mitfilmen und wann nicht. Die Hoffnung, dass Übergriffe seitens der Polizei durch die Kameras dokumentiert würden, wird sich deshalb höchstwahrscheinlich nicht erfüllen. Auch stellt sich die Frage inwiefern Schläge und ähnliche gewalttätige Handlungen der Cops im Hinblick auf die Qualität der Aufnahme überhaupt zu erkennen wären. Grundsätzlich hätten die Polizist_innen im Gegenzug aber die Möglichkeit, alle möglichen Situationen mitzufilmen. Da in Österreich kein Beweisverwertungsverbot besteht, können auch rechtswidrig erlangte Beweise in Gerichtsverfahren verwendet werden. Vieles ist noch nicht klar, etwa ob es sichtbar sein wird ob die Kamera eingeschaltet ist oder ob bzw. welche Konsequenzen es haben wird wenn sie nicht aktiviert war. Dem Entwurf zur Folge sollen die Aufgezeichneten über den Einsatz der Kameras informiert werden, außer der Einsatz ist „zweifelsfrei erkennbar“.

Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Körperkameras eine Erweiterung der Überwachung darstellen statt einen wirksamen Schutz vor Übergriffen. Während das offene Tragen von Dienstnummern abgelehnt wird, da es zu „Denunzierungen“ der Beamt_innen führen würde, sollen Cops zu laufenden Kameras werden. Auch sagt das Innenministerium offen, dass die Körperkameras der Prävention und Abschreckung von Personen v.a. bei Demonstrationen dienen sollen. Allein das Androhen von Überwachung ist eine repressive Maßnahme, die leider durchaus funktioniert und zu einer ständigen Selbstkontrolle führen kann. Unterm Strich bleibt nicht mehr, als Polizist_innen die entscheiden können, wann sie filmen und wann nicht, das Material im Nachhinein verwalten (d.h. auch die Möglichkeit es zu löschen und zu manipulieren) und den Zugang zu dem Material verwehren könnten.

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