Veränderte Praxis im Verwaltungsstrafverfahren

In letzter Zeit schickt das Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten im Verwaltungsstrafverfahren anstelle der üblichen „Strafverfügung“ häufig gleich eine „Aufforderung zur Rechtfertigung“ (zuvor war das der zweite Schritt nach der Strafverfügung).

Diese Praxis ist für uns zwar neu, bringt aber im Grunde nicht viel Neues für den Umgang mit Verwaltungsstrafen. Rechtlich gesehen greift die Behörde neuerdings auf das ordentliche, statt auf das verkürzte Verfahren zurück und beginnt (formell) gleich mit den Ermittlungen (dh es fordert zur Rechtfertigung auf), anstatt zuerst eine Strafverfügung auszustellen, auf die mit Einspruch reagiert werden kann.

Ein paar wichtige Punkte:

– Eine „Aufforderung zur Rechtfertigung“ kann nicht beinsprucht werden. Die sonst übliche Vorgehensweise „Durchstreichen+ Einspruch draufschreiben“ macht hier keinen Sinn.

– Auch Strafminderung kann nicht beantragt werden, da noch keine Strafhöhe bekannt ist.

– Wenn ihr die Frist verpasst oder ihr euch bewusst nicht rechtfertigt geht das Verfahren trotzdem weiter, es können lediglich Verfahrenskosten dazukommen. Ihr bekommt als nächstes Schriftstück ein Straferkenntnis, auf das ihr innerhalb von 4 Wochen mit einer Beschwerde reagieren könnt (hier endet das Verfahren wenn ihr die Frist verstreichen lasst).

– Wir finden es sinnvoll, sich nicht oder nur sehr knapp zu rechtfertigen um nicht der ermittelnden Behörde die Argumentation für eine spätere Verhandlung offen zu legen. Wenn ihr etwas schreiben wollt, überlegt es euch gut und holt euch unbedingt vorher die Akten.

In diesem Abschnitt des Verfahrens werden Strafen unserer Erfahrung nach sehr, sehr selten eingestellt. Da noch ermittelt wird, wird eure Stellungnahme wahrscheinlich den beim Vorfall anwesenden Beamt_innen vorgelegt, die so eine Gelegenheit mehr haben ihre Argumente, die eure Schuld begründen sollen auszubreiten. Auch raten wir nicht, die Vermögensverhältnisse detailiert offen zu legen, wie das Schreiben nahelegt, ihr seid dazu auch nicht verpflichtet.

Bericht vom Prozess gegen Jahn B. (Tag 1)

Am 8.4. fand im Wiener Landesgericht der Prozess gegen Jahn B. Wegen versuchtem Widerstand gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung statt. Am ersten Prozesstag kam es zu keiner Entscheidung, der Prozess wurde auf 11.5., 14.00 (Saal 106) vertagt, es wird ein weiterer Zeuge einvernommen und Videoaufnahmen gezeigt.

Jahn wurde am 4.6. 2014 nach den Protesten gegen das „Fest der Freiheit“ in der U-Bahn Station Schottentor Zeuge der Festnahme von Hüseyn S., der aufgrund der brutalen Vorgehensweise der Cops stark blutete. Ein heute einvernommener Beamter gab dazu an, es habe sich lediglich um eine „minimale Schürfwunde“ am Kopf gehandelt, Bilder der Festnahme legen anderes nahe.

Hier die Darstellung von Jahn zum nachlesen  und die Berichterstattung von prozess.report .

…wie wenn man mit einem Hund spielt, er zieht und zieht und zieht….“ (Inspektor U.)

Konkret wird Jahn vorgeworfen, dass er versucht hätte sich selbst die Stiege hinunterzuwerfen um seiner Festnahme zu entgehen und mit den Armen wild um sich geschlagen hätte. Beim Versuch ihn auf der Treppe festzunehmen hätte sich ein Beamter einen Riss der Bizeps-Sehne zugezogen („…ich hab ihn nicht ausgelassen, weil er sonst gestürzt wäre und sich verletzt hätte…“). Ebendieser Polizist tritt auch als Privatbeteiligter auf, das heißt er fordert zivilrechtlich Schadenersatz für Schmerzen und Behandlungskosten in Höhe von 8.000€ sowie weiteren Ersatz, falls Folgeschäden aufgrund der Verletzung auftreten sollten. Das Verfahren war zunächst schon eingestellt worden und erst auf einen Fortführungsantrag wieder aufgenommen worden.

Insgesamt wurden 5 Polizisten einvernommen, einer davon war am 4.6. in Zivil im Einsatz und hatte die Festnahme von Jahn initiiert. Bei seiner Zeugeneinvernahme war er höchst bemüht seinen Namen nicht laut auszusprechen und legte dem Richter seinen Ausweis vor, auch die anderen Beamten wirkten sehr zurückhaltend als sie ihre persönlichen Daten bekanntgeben sollten.

Die Aussagen der Beamten wirkten insgesamt widersprüchlich, insbesondere in Bezug auf die dem Angeklagten zur Last gelegten Schläge. Während der verletzte Beamte erst auf Nachfragen des Richters angab, dass Jahn „aggressiv gestikuliert“ hätte, dabei aber nicht auf ihn gezielt hätte, sprachen andere von einem „Schwung holen“ um sich die Treppe hinunterzustürzen, gezielten Schlägen gegen Polizisten, andere wiederum von Schlägen gegen den zuvor festgenommenen Hüseyn. Manche sprachen sogar explizit davon, dass er sich „passiv gewehrt“ hätte, was jedenfalls eine Anklage wegen Widerstand obsolet machen würde, ein anderer behauptete hingegen, er habe sich losgerissen. Alle verneinten, dass Jahn möglicherweise das Gleichgewicht verloren haben könnte, vielmehr habe er sich bewusst fallen gelassen und sich nur aufgrund ihres Eingreifens nicht verletzt. Darauf dass Jahn angab, ihm seien von einem Polizisten bei der Festnahme die Hoden gequetscht worden, wurde in der Verhandlung hingegen nicht eingegangen. Die Verletzung einer Person bei ihrer Festnahme scheint für Staatsanwaltschaft und Richter nichts ungewöhnliches bzw. strafrechtlich relevantes darzustellen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Es geht um einen Vorfall, der wenige Sekunden gedauert hat. Jahns Forderung, eine verletzte Person ins Krankenhaus zu bringen führte zu seiner brutalen Festnahme und einem Verfahren, dass mit enormer psychischer und finanzieller Belastung einhergeht. „Aggressives Gefuchtel“ mit den Armen und ein schwarzer Kapuzenpulli scheinen all das plausibel zu machen.

Seid solidarisch mit Jahn und anderen Repressionsbetroffenen! Solidarische Prozessbeobachtung ist noch immer gewünscht, die Daten für das Solikonto findet ihr unten.

Proteste gegen WKR/Akademikerball: Erste Strafen sind da

Die Polizei ist heuer ziemlich schnell und hat schon die ersten Strafverfügungen ausgeschickt.

Deswegen: Macht eine Postabwesenheitsmeldung (zum Postamt gehen und genau das verlangen), bevor ihr auf Urlaub fahrt. Somit gelten die Strafverfügungen (ihr habt dann einen gelben Zettel im Postkasten, mit dem ihr sie euch beim Postamt abholen könnt) erst ab eurem Zurückkommen als zugestellt und ihr verpasst keine wichtigen Fristen.

Dann habt ihr zwei Wochen Zeit um diese zu beeinspruchen.

Das geht folgendermaßen:

Strafverfügung kopieren.

Kopie durchstreichen.

„Einspruch“ und „Ich verlange vollständige Akteneinsicht“ und das Datum draufschreiben.

Unterschreiben

An die Polizei (dorthin, wo es hergekommen ist – steht auf der Strafverfügung drauf) faxen (beim Postamt, kostet wenig und ihr bekommt eine Faxbestätigung) oder eingeschrieben schicken (ist teurer und ihr habt keine Bestätigung, auf der aufscheint, was ihr genau geschickt habt).

Dann kommt evtl. eine Ladung, zu der ihr hingehen könnt. Keine Aussage machen! Wenn nicht draufsteht, dass ihr zwangsweise vorgeführt werden könnt, passiert nichts, wenn ihr nicht hingeht.

Irgendwann kommt dann wieder Post von der Polizei. Das Straferkenntnis ist da.

Gegen dieses könnt ihr innerhalb von 4 Wochen (Achtung Frist-> Postabwesenheit!) Einspruch erheben.

Hierfür lasst ihr euch am besten beraten. Zum Beispiel bei uns jeden Donnerstag um 18.30 auf der Gewi.

Wenn alles schief geht, wird es durch dieses Prozedere maximal 30% teurer- also einen Versuch ist es allemal wert, oft wird die Strafe auch niedriger.

 

Fr. 13.2.: Soli für das Rechtsinfokollektiv mit bug // ten volt shock: EKH

Solicocktails & veganes Essen

After show trash Party mit FAVORITEN CALLING.

BUG
Since 1997 BUG has been living the DIY dream of the long gone 80 ies HC/Punk Underground. BUG is all about bluesy rhythm, distorted guitar melodies, slow, deep and hard bass lines, spastic drums and frantic howling. They can´tfollow no trend, so they are playing autistic Post Post Blues/Aggro/Vintage/Jazz/Punk/Doom/HC/Anti/Sludge/Noise Rock. The lyrics are about personal misery and the pitch black side of human nature, politics and the old stars of entertainment industry.

TEN VOLT SHOCK
spielen vertrackten, energiegeladenen Noise-Rock.

Presseerklärung des Busses aus München

„Polizeistaat Österreich:
Österreichische Polizei begeht Freiheitsberaubung von über 8 Stunden gegenüber Münchner Demonstrant_innen und entzieht ihnen ihre Grundrechte Strafanzeige gegen Polizeichef

Am Freitag, den 30.1.2015 fanden in Wien zahlreiche Demonstrationen und Kundgebungen gegen den „Akademikerball“ in der Hofburg statt, der von der rechten FPÖ organisiert und von der rechtsradikalen, europäischen Elite besucht wird.
Zu der Vielzahl von Gegenveranstaltungen wurden auch viele auswärtige Teilnehmer_innen erwartet, die u.a. mit Bussen aus verschiedenen Städten anreisten. Ebenso ein Bus aus München, dessen Mitreisende sich an den Protesten beteiligen wollten. Der Bus wurde jedoch kurz vor Wien von der österreichischen Polizei aufgehalten und durchsucht. Personalien wurden aufgenommen und ihr Gepäck inspiziert. Dies alles geschah ohne jede Rechtsgrundlage, ohne Erklärung und ohne dass den Betroffenen mitgeteilt wurde, was ihnen vorgeworfen wird, in einer von der Polizei ausgehenden gewaltbereiten und aggressiven Atmosphäre. Nach der Kontrolle, wurde der Bus mit einer Polizeieskorte aus mehreren Mannschaftswagen und Zivilfahrzeugen aus Wien heraus, gelotst und zurück geschickt. Alle Reisenden wurden daran gehindert, ihren geplanten Weg fortzusetzen, aber auch den Bus zu verlassen. Die Betroffenen hatten daher für insgesamt fast 15 Stunden weder Zugang zu Essen noch zu Getränken.

Da der Busfahrer durch die Festhaltung bereits seine zulässigen Lenkzeiten erreicht hatte, war eine Fahrtunterbrechung notwendig und der
Busfahrer wollte an der nächsten Ausfahrt die Autobahn verlassen. Durch zivile Einsatzfahrzeuge wurde der Bus jedoch über viele Kilometer hinweg abgedrängt und am Ausfahren gehindert. Hierzu fuhren die Polizist_innen auch längere Zeit auf dem Pannenstreifen, zwangen dem Bus auf der Autobahn zum Anhalten und brachten mit ihren Fahrmanövern die im Bus Fahrenden und auch die übrigen Verkehrsteilnehmer_innen in akute Gefahr. Als der Bus endlich wieder über die deutsche Grenze fuhr, waren die zulässigen Lenkzeiten des Fahrers schon um mehrere Stunden überschritten. Dort übernahmen deutsche Polizist_innen, die den Bus bis nach München eskortierten und dem Fahrer letztendlich eine Sondergenehmigung ausstellten.

Das „Kidnapping“ des Busses mit Reisenden und die vollkommen grundlose Verhinderung der Teilnahme an den Protesten gegen den „Akademikerball“ sowie die Verweigerung von Essen und Trinken von 8 Stunden stellt einen massiven Rechtsverstoß dar und hat zu erheblichen Grundrechtsverletzungen und auch Gefährdungen der Betroffenen geführt. Derartiges Verhalten hat in einem Rechtsstaat keine Berechtigung. Dieses Verhalten der österreichischen Einsatzkräfte steht jedoch in deren Tradition, antifaschistische Proteste zu kriminalisieren, niederzuschlagen und Grundrechte mit Füßen zu treten.

Gegen den rechtswidrigen Polizeieinsatz wird daher Anzeige, u.a. wegen Nötigung, Freiheitsberaubung, gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und Körperverletzung erstattet. Das Auswärtige Amt in Berlin wurde um Unterstützung gebeten.

Der WKR-Ball ist ein männerbündisches Zusammentreffen rechtsradikaler Burschenschaftler und gleichgesinnter Politiker_innen. Gegen diese Feierlichkeiten bleibt Protest notwendig und lässt sich nicht durch immer brutalere, illegale Einsätze der Polizei unterbinden.

V.i.S.d.P. RAin Angelika Lex, Goethe Str. 10, 80336 München, Tel. 0172-8914751″

Rechtsinfos für Österreich, Demonstrationen, Versammlungen, Strafrecht und Verwaltungsrecht