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Maßnahmenbeschwerde: Personenkontrollen im Audimax rechtswidrig

Geschrieben von Stefan H.

Wir freuen uns berichten zu können, dass wir unsere Maßnahmenbeschwerde wegen einer Identitätskontrolle durch die Wiener Polizei bei der Audimaxräumung im April 2012 gewonnen haben! Die Entscheidung des UVS-Wien ist richtungweisend, da von den Kontrollen und Verwaltungsstrafen rund 200 Aktivist_innen betroffen waren!

Worum gings?

Hintergrund waren die Uni-Proteste gegen die Abschaffung des Bachelorstudiums der Internationalen Entwicklung. Am 19. April 2012 ist es um und in der Universität Wien zu zahlreichen spontanen Demos gekommen. Am späteren Nachmittag zog eine dieser Demos ins Audimax der Uni ein und „besetze“ diesen Hörsaal. Auf das Wort Besetzung sei hier besonders hingewiesen. Denn die nachfolgende Repression und Verfahren beschäftigen sich mit der Frage, ob eine Besetzung nicht nur im sprachlichen Gebrauch, sondern auch im rechtlichen Sinn vorlag.

Die Polizei riegelte in den Abendstunden die Universität und das Audimax komplett ab. Aktivist_innen berichteten über zahlreiche Schikanen durch die Polizei. Siehe dazu den ausführlichen Bericht der Rechtshilfe Wien. Die Polizei löste durch den Referatsleiter für Extremismus vom LVT-Wien als Behördenleiter die „Besetzung“ durch eine akustisch kaum verständliche Durchsage auf. Die Polizei riegelte gleichzeitig sofort das Audimax bei allen Ein- und Ausgängen mit Einsatzkräften ab und lies niemanden mehr ohne Ausweiskontrolle aus dem Hörsaal. Ein Großteil der Aktivist_innen wurde auch von der Polizei gefilmt. Anfang Juli verschickte die Polizei Strafverfügungen mit € 100,- Verwaltungsstrafen wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“ aus.

Maßnahmenbeschwerde beim UVS-Wien

Wir vom Rechtsinfokollektiv haben nach den Vorfällen mehrere Nachbereitungstreffen mit den Betroffenen gehabt und mit einer Betroffenen zusammen eine Maßnahmenbeschwerde gegen die Aktionen der Polizei eingebracht. Am 19.11.2012 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien die Verhandlung statt.

Entscheidende Frage war, ob die Aktivist_innen im Audimax rechtlich als Besetzung oder als Versammlung anzusehen war. Dieser Punkt ist entscheidend, da eine Versammlung mehr Schutz als eine Besetzung genießt und auch verfassungs- und menschenrechtlich geschützt ist.

Der UVS-Wien folgte der Ansicht der Beschwerdeführerin, dass eine Versammlung und keine Besetzung vorlag. Eine Versammlung wird nämlich nicht deshalb sofort zu einer Besetzung nur, weil die Demo in einem Raum zur Ruhe kommt. Das Versammlungsrecht schützt außerdem auch den kollektiven Austausch von Meinungen. Dass sich die Demo selbst als Besetzung bezeichnete ist irrelevant. Die Personenkontrollen durch die Polizei waren daher rechtswidrig, da die Verwaltungsübertretungen  (wegen „Störung öffentlicher Ordnung“) durch die Ausübung des Rechts auf Versammlungsfreiheit gerechtfertigt waren. Die Auflösung, sowie Verwaltungsstrafen wären nur im Rahmen des Versammlungsgesetzes erlaubt gewesen, dies ist aber nicht passiert.

Verwaltungsstrafen

Für jene betroffenen Aktivist_innen deren Verwaltungsstrafverfahren noch nicht beendet ist, bedeutet dies, dass eine Berufung sehr große Chancen auf Erfolg hat. Sie können sich auf den Bescheid des UVS-Wien mit der Geschäftszahl: UVS-02/40/6907/2012 berufen, dass keine Verwaltungsübertretung vorlag.

Jene deren Verfahren bereits beendet ist, weil sie die Frist verpasst haben oder keine Rechtsmittel eingelegt haben, kommt diese Entscheidung leider zu spät. Die Polizei Wien hat dutzende, vielleicht über hundert Strafen eingehoben, obwohl gar keine Verwaltungsübertretung vorlag und sie selbst rechtswidrig vorging! Eine nachträgliche Bekämpfung ist ärgerliche Weise für Betroffene rechtlich nicht mehr möglich!

Hier auch unsere Presseaussendung dazu:

Vorgangsweise der Polizei bei der Demonstration im Audimax war rechtswidrig UVS gibt Maßnahmenbeschwerde von Student_innen recht

Heute gewann eine Gruppe Studierender ihre Maßnahmenbeschwerde gegen die rechtswidrige Vorgangsweise der Polizei bei einer Demonstration im Audimax. Im Zuge der  Aktionen gegen die Abschaffung des Bachelorstudiums Internationale Entwicklung im April 2012 mussten ca. 200 Aktivist_innen ihre Daten bekannt geben, nachdem diese bis zu eineinhalb Stunden im Hörsaal festgehalten worden waren. Rechtswidrig, wie der Unabhängige Verwaltungssenat heute feststellte. Um den verfassungsrechtlichen Schutz zu umgehen, der Versammlungen zusteht, hatte die Polizei die Versammlung fälschlicherweise als Besetzung qualifiziert. Auch die Studierenden, die aufgrund dieser Vorfälle eine Verwaltungsstrafe wegen Störung öffentlicher Ordnung bekommen haben, haben nach dieser richtungsweisenden Entscheidung gute Chancen, im Berufungsverfahren zu obsiegen. „Mit dieser Entscheidung wird wieder einmal deutlich, wie wichtig es ist, Repression durch die Polizei nicht einfach hinzunehmen.“ so der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin, „Es lohnt sich, beim Vorgehen der Polizei genauer hinzusehen, sich zu vernetzen und mit rechtlichen Mitteln Widerstand zu leisten.“

Siehe auch:
standard.at: Vorgehen der Polizei bei Audimax-Räumung „rechtswidrig“

vienna.at: Vorgangsweise der Polizei bei Audimax-Demonstration rechtswidrig

Neonazi-Aufmarsch in Münster: Knüppelnde Polizisten_innen

Massive Polizeigewalt überschattet eine antifaschistische Demonstration gegen einen Naziaufmarsch in Münster in Deutschland.  Polizist_innen schlagen einen jungen Gegendemonstranten mit Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma krankenhausreif. Ein Bericht der taz wie die Polizei einer Nazidemo den Weg freigeknüppelt und der antifaschistischen Protest in Münster kriminalisiert wird.

taz: Neonazi-Aufmarsch in Münster – Knüppelnde Polizisten

„Bereitschaftspolizei“ Wiener Polizei bekommt neue Spezial-Einheit

Das Boulevardmedium heute berichtet über die geplante Einführung einer Bereitschaftspolizei in Wien nach dem Vorbild in Deutschland. Die ersten 100 Bereitschaftspolizist_innen sollen ab 1. September 2012 ihren Dienst aufnehmen und auch bei Demonstrationen im Einsatz sein.

heute.de: „Bereitschaftspolizei“ Wiener Polizei bekommt neue Spezial-Einheit

Fall Konecny: Ermittlungen gegen Polizist_innen

Der Standard berichtet in einem Artikel, dass am Rande des rechtsextremen WKR-Balls ein SPÖ Politiker von einem Neonazi brutal attakiert wurden und die Polizei bei diesem gewalttätigen Übergriff tatenlos zu sah. Die Polizei sei bei dem Vorfall nur 15 Meter entfernt, griff aber bei, aber auch nach der Attacke nicht ein. Die interne Untersuchungsbehörde der Polizei hat daher ein Ermittlungsverfahren gegen die anwesenden Polizist_innen eingeleitet. Die Ermittlungen gegen den rechten Angreifer laufen ebenfalls.

standard.at: Nach WKR-Ball – Fall Konecny: Ermittlungen gegen Polizisten

Albrecht Konecny erzählt in einem Interview im Standard wie er am Rande des rechtsextremen WKR-Balls von einem Neonazi brutal zusammengeschlagen wurde und wie die Tätersuche verläuft

standard.at: Albrecht Konecny im Interview „Die Polizisten machten keine Anstalten, mir zu helfen“