Wie schütze ich mich vor versäumten Fristen?

Geschrieben von Stefan H.

Im letzten Halbjahr sind vor allem bei den Studierendenprotesten von #unibrennt und „IE bleibt“ mehrere hundert Aktivist_innen von der Polizei aufgeschrieben worden. In den meisten Fällen ist es unserer Information zu Folge noch unklar, ob auf diese Identitätsfeststellungen Verfahren und Strafen folgen. Da der Sommer kurz vor der Türe steht und viele Menschen in dieser Zeit nicht an ihrem üblichen Wohnort sind, besteht besonders im Sommer die Gefahr Fristen zu versäumen und Verfahren so ungewollt zu beenden.

Wenn du ein laufendes Verfahren hast, du einmal kontrolliert wurdest oder im Ungewissen über das weitere Vorgehen der Polizei bist, solltest du dich daher vor versäumten Fristen schützen. Wir wollen dich daher mit diesem Text grundlegend über Fristen informieren und Möglichkeiten aufzeigen das Versäumnis von Fristen zu verhindern.

2 Wochen Frist

Im Verwaltungsstrafverfahren ist die gängige Dauer von Rechtsmittelfristen zwei Wochen ab Zustellung. Sowohl bei Strafverfügungen als auch bei Straferkenntnissen (=Bescheid) ist die Frist um die Strafe rechtlich zu bekämpfen zwei Wochen. Wenn du also Geldstrafen z.b. wegen „Störung der öffentlichen Ordnung (Sicherheitspolizeigesetz), Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung oder Anstandsverletzung oder Lärmbelästigung (Wiener Sicherheitsgesetz) bekommst, sind derartige Fristen für dich relevant.

Die Frist beginnt mit dem Tag nach der Zustellung zu laufen. Entweder also einen Tag nachdem dir der_die Briefträger_in den Brief persönlich übergeben hat oder einen Tag nachdem der gelbe Zettel über die Hinterlegung bei dir ins Postkasterl geworfen wurde. Nicht relevant für den Beginn der Frist ist wann du den gelben Zettel abholst!

Abwesenheitsmitteilung

Die einfachste Möglichkeit dich vor versäumten Fristen zu schützen, ist es bei Abwesenheit einfach bei deiner Postfiliale eine Abwesenheitsmitteilung zu machen. Diese Mitteilung verhindert, dass rechtlich eine Zustellung möglich ist! Sie ist gratis und durch ein Ausfüllen eines Formulars bei der Postfiliale auch ganz einfach und schnell möglich. Beachte aber, dass eine Abwesenheitsmitteilung erst 2-3 Tage nachdem du sie gemacht hast, wirksam wird! Wir empfehlen auch eine Bestätigung/Kopie über die Abwesenheitsmitteilung zu verlangen und gut aufzuheben.

Eigentlich sollte Post mit Zustellbestätigung/Hinterlegung von der Post wegen deiner Abwesenheitsmitteilung automatisch zurück geschickt werden. In der Praxis wird aber ärgerlicher Weise immer wieder trotzdem Post von der Polizei zugestellt. Sobald du wieder zurück bist und trotz Abwesenheitsmitteilung Post von der Polizei hast, solltest du daher aktiv werden. Wir empfehlen, dass du der Behörde mitteilst, dass du während der Zustellung nicht an deiner Adresse warst und eine Abwesenheitsmitteilung gemacht hast! Aus Dokumentationsgründen solltest du dies schriftlich per eingeschriebenen Brief oder Fax mit einer Kopie von der Abwesenheitsmitteilung machen. Eine Zustellung ist erst am Tag, nachdem du zurück gekommen bist, möglich. Ab diesem Tag können auch mögliche Fristen zu laufen beginnen. Wir empfehlen daher, nicht auf eine Antwort der Polizei oder Behörde zu warten, sondern selbst aktiv zu werden und ein mögliches Rechtsmittel zu ergreifen.

versäumte Frist ohne Abwesenheitsmitteilung

Solltest du keine Abwesenheitsmitteilung gemacht haben und eine Frist versäumt haben, gibt es ausnahmsweise noch eine Möglichkeit die versäumte Frist zu retten. Du musst tatsächlich während der Hinterlegung und gesamten Frist nicht an deiner Adresse gewesen sein. Einzig in diesem Fall gilt die Zustellung erst am Tag nachdem du zurück gekommen bist. Der Unterschied zur Abwesenheitsmitteilung ist, dass du hier in der Praxis irgendwie belegen musst (Zugtickets, Zeug_innen, Rechnungen etc), dass du tatsächlich den ganzen Zeitraum nicht da warst. Dies solltest du auch zusammen mit dem Rechtsmittel schriftlich der Behörde mitteilen und möglichst gut beweisen.

Adressänderung

Solltest du umziehen und zu diesem Zeitpunkt schon von einem laufenden Verfahren gegen dich wissen, solltest du der Behörde diese Adressänderung bekannt geben. Das Zustellgesetz verpflichtet dich nämlich bei laufenden Verfahren Adressänderungen der Behörde bekannt zu geben. Machst du das nicht, kann die Behörde an die alte Adresse weiterhin gültig zustellen, obwohl du dort nicht mehr wohnst und deine Post kontrollierst. Verpasst du dadurch Rechtsmittelfristen, ist das Verfahren ungewollt beendet.

Bei Unklarheiten und Fragen wende ich am besten an Antirepressionsstrukturen. Über das Verwaltungsstrafverfahren kannst du dich auch bei unseren Rechtsinfos informieren.

Wir wünschen einen schönen Sommer und unversäumte Fristen 😉

Polizei-Datenbanken in Österreich

Geschrieben von Stefan H.

Überwachung hat eine repressive Wirkung, die z.B. durch geheimdienstliche Aktivitäten der Polizei sehr früh einsetzen kann. Wer beobachtet wird oder sich nur beobachtet fühlt, wird sich meist automatisch angepasst verhalten und versuchen, nicht vom regelkonformen Verhalten abzuweichen. Zusätzlich bekommt mensch das Gefühl bei völlig legalen Handlungen, etwas Illegales zu machen. Überwachung ist also immer auch Kontrolle unseres Verhaltens. Auch Datenerfassungen von uns in Datenbanken haben eine derartige Funktion. Die Möglichkeit von digitaler Datenspeicherung vereinfachen diese Form der Repression stark.

Keine_r möchte gern in einer polizeilichen Datenbank landen. Wer weiß schon, was eine derartige Eintragung für Folgen nach sich zieht. Ob mensch jetzt „amtsbekannt“ ist oder ob eine Eintragung eine besondere Überwachung, Vormerkung oder sonstige negative Auswirkungen z.B. im späteren Leben, Beruf oder bei einer Reise als Folge haben kann. Manchmal reicht dafür aber sogar eine einfache Identiätsfeststellung am „falschen Ort“ aus, ohne dass es sonstige repressive Folgen gibt. Viele werden daher vermeiden etwas zu tun, dass zu einem Eintrag in einer polizeilichen Datenbank führen könnte.

Doch was macht die Polizei eigentlich genau, wenn sie mal deine Daten hat? Was für Datenbanken gibt es eigentlich in Österreich? Wir wollen einen kurzen Blick auf die angehäuften Datenberge von Verfassungsschutz und Polizei werfen.

Einrichtung von Datenbanken

In Österreich wird die Einrichtung von polizeilichen Datenbanken nicht – wie vielleicht viele glauben – per Gesetz geregelt, sondern nichtöffentlich durch das Innenministerium. Hintergrund ist, dass die Rechtsgrundlage im Sicherheitspolizeigesetz mehrere allgemeine Generalklauseln sind. Aufgelistet werden nur die grundsätzlichen Speichergründe bzw -zwecke, aber nicht die Datenbanken. Jedes Ministerium entscheidet selbst welche Datenbanken es führt und was für diverseste Daten darin gespeichert werden, solange die gesetzlich vorgegeben Speichergründe für die Daten vorliegen. Herauszufinden was für Datenbanken es gibt, ist nicht einfach. Die Datenbanken der Polizei zum „Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik Österreich“ und „der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten“ sind nämlich – im Unterschied zu anderen Datenbanken – nicht bei der Datenschutzkommission meldepflichtig und daher geheim. Das heißt, wir wissen oft gar nicht, wann eine neue Polizei-Datenbank eingerichtet wird bzw welche überhaupt existieren. Dies wäre aber – wenn schon die Einrichtung derartiger Datenbanken nicht verhinderbar ist – dringend notwendig, um sich als Betroffener gegen staatliche Überwachung wehren zu können.

Die Polizei ist bei der Arbeit mit Daten und Datenbanken weitgehend frei und wird nur in Einzelfällen und anlassbezogen kontrolliert. Die Eintragung einer Person in einer Datenbank bedarf weder der Zustimmung noch der Kontrolle des Rechtsschutzbeauftragten oder der Datenschutzkommission. Eine Verständigung der betroffenen Person über die Eintragung oder Weiterverarbeitung der Daten ist nicht vorgesehen. Eine Kontrolle findet nur statt, wenn der_die Betroffene sich gegen ihre Eintragung bei der Datenschutzkommission beschwert. Dazu müsste die betroffene Person aber erst einmal wissen, dass sie in einer Datenbank eingetragen ist. Es besteht zwar ein gesetzliches Auskunftsrecht (Auskunftsbegehren nach dem Datenschutzgesetz), doch auch hier gibt es Ausnahmen für die Polizei. „Zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen“ und „der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten“ kann die Auskunft verweigert werden. Der betroffenen Person wird in diesen Fällen nicht einmal mitgeteilt, dass ihr die Auskunft verweigert wird, sondern lediglich, der kryptische Satz, dass „keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten verwendet werden„. Eine derartige Antwort heißt daher in Wahrheit entweder, dass tatsächlich keine Daten gespeichert sind, oder eben, dass es Daten gibt, aber die Auskunft verweigert wird.

Die Zahl der existierenden polizeilichen Datenbanken ist mittlerweile sehr lang. Sehr interessant sind jedenfalls folgende Datenbanken:

Elektronisches Kriminalpolizeiliches Informationssystem (EKIS)

Die polizeiliche Datenbank „Elektronisches Kriminalpolizeiliches Informationssystem“ (EKIS) ist eine Zusammenfassung von mehreren Datenbanken. Im EKIS kann die Polizei auf Personeninformationen über dich zugreifen. Dabei handelt es sich um sicherheitspolizeiliche, passrechtliche und waffenrechtlich relevante Informationen. Unter Umständen können im EKIS daher deine Daten aufgrund einer einmal erfolgten Identitätsfeststellung, ohne dass es zu einem Verfahren gekommen ist, aufscheinen. Ebenfalls kann die Polizei in dieser Datenbank einsehen, ob du verdächtigt wirst eine Straftat begangen zu haben oder ein Strafverfahren gegen dich läuft (=Kriminalpolizeilicher Aktenindex KPA). Im EKIS können zusätzlich alle Erkenntungsdienstlichen Datenbanken abgerufen werden (Fingerabdrücke, DNA, Fotos, etc).

Elektronische Dateninformationssystem (EDIS)

Das „Elektronische Dateninformationssystem“ (EDIS) des österreichischen Verfassungsschutzes (BVT) ist ebenfalls eine Zusammenfassung von mehreren Datensätzen. Es handelt sich dabei um sicherheitspolizeiliche Eintragungen wie z.B. Anzeigen oder laufende oder ehemalige Strafverfahren, aber auch um geheimdienstliche Daten, die im Rahmen einer erweiterten Gefahrenerforschung oder aus präventiven Staatsschutzgründen über dich gesammelt worden sind. Im EDIS finden sich zusätzlich dazu Eintragungen zu „Extremismus“ und „Terrorismus“. Da das Gesetz derartige Termini zur Datenspeicherung nicht kennt, bedient sich der Verfassungsschutz der Datenbank „Protokollierungen von Akten des Bundesministeriums für Inneres“. Diese nutzt der Verfassungsschutz – soweit es uns bekannt ist – um Daten, die eigentlich strafrechtlich oder sonst sicherheitspolizeilich in keinster Weise bedeutsam sind, trotzdem zu speichern. So ist beispielsweise ein Student für zehn Jahre im EDIS gespeichert, weil die britische Polizei ihn dem Verfassungsschutz wegen „verdächtigem Fotografieren“ (sic!) gemeldet hat. Der Verfassungsschutz speichert auf diese Weise übrigens auch von dir gemachte Auskunftsbegehren nach dem Datenschutzgesetz für zehn Jahre. Die EDIS-Daten werden vom Verfassungsschutz auch bei Sicherheitsüberprüfungen von Personen heran gezogen. Sicherheitsüberprüfungen sind Überprüfungen von Personen auf ihre Vertraulichkeit hinsichtlich des Zugangs zu geheimen/vertraulichen Daten oder Eignung für den Staatsdienst.

(nationale) Schengener Informationssystem (N.)SIS

Das (nationale) Schengener Informationssystem (N.)SIS ist die Datenbank für das Schengen-Abkommen. Personen können hier eingetragen sein, wenn nach ihnen gefahndet wird, ihnen die Einreise in ein Land untersagt ist oder sie gezielt kontrolliert werden sollen. Derartige Informationen im SIS können über dich existieren, wenn du bereits einmal verurteilt worden bist oder du verdächtigt wirst an „außergewöhnlich schweren Straftaten“ teilzunehmen. Solche Eintragungen im SIS können auch „verdeckt“ – also ohne, dass dir dies bei einer Kontrolle mitgeteilt wird – erfolgen. Diese Daten im SIS können zu einer Einreiseverweigerung führen, was insbesondere bei politischen Großereignissen von Bedeutung sein kann. Die Daten im SIS werden auch bei der Ausstellung von Visa und sonstigen Aufenthaltstiteln abgerufen. Auch Daten zu Sachen, die als gestohlen gemeldet sind, sind im SIS gespeichert.

Die Europäische Polizeibehörde Europol hat ebenfalls eine europäische Datenbank (Europol-Informationssystem (EIS)) an der Österreich teilnimmt und Daten an das Informationverbundsystem weitergibt.

Auskunft, ob du in diesen und anderen polizeilichen Datenbanken gespeichert bzw eingetragen bist, kannst du mit Hilfe eines Auskunftsbegehrens nach dem Datenschutzgesetz machen.

Solidarität mit J.A.I.B. – Soli-Fest am 4.7.2012

Solidarität mit J.A.I.B.

Soli-Fest am Mi, 4.7.2012 ab 18 Uhr
am Unicampus Altes AKH im Hof 2 vor der Gewi

Worum geht’s?

Seit der Audimaxbesetzung im Herbst 2009 überwacht und ermittelt das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT Wien) gegen die Studierendenprotestbewegung unibrennt. Seit Mai 2010 wurde zusätzlich mit Hilfe des Ermittlungsparagraphen § 278b StGB wegen des Verdachts einer „Terroristischen Vereinigung“ mehrere Student_innen observiert, Handys überwacht und schlussendlich nach einem Mistkübelbrand vor dem AMS Redergasse vier Student_innen (J.A.I und B.) für fünf Wochen in U-Haft festgehalten. Die Staatsanwaltschaft Wien hat die vier Betroffenen J.A.I.B. aufgrund von vagen Vermutungen/Verdächtigungen wegen versuchter Brandstiftung angeklagt. Am 13. März 2012 fand der erste Prozesstag statt. Das Verfahren ist derzeit vertagt, der nächste Prozesstermin steht noch nicht fest, da das Ergebnis eines Sachverständigen abgewartet wird.

Gemeint sind wir alle!

Der Vorwurf einer Terroristischen Vereinigung wurde zwar mittlerweile fallen gelassen, doch Repression betrifft uns alle. Nicht nur die Betroffenen, sondern wir alle sollen durch derartige Verfahren eingeschüchtert und so von Protest abgehalten werden. Die Gesetzesverschärfungen im letzten Halbjahr und die Überwachungs-Aktivitäten des Verfassungsschutzes bei den Protesten der Intenationalen Entwicklung (IE bleibt) zeigen, dass nach wie vor wir alle gemeint sind!

Repression kostet Geld!

Anwält_innenkosten, Aktenkopien, Prozesskosten und Soli-Arbeit verursachen Kosten für die Betroffenen. Wir, das Rechtsinfokollektiv, rufen zur Solidarität mit den Betroffenen J.A.I.B. auf und

veranstalten ein kleines Soli-Fest mit Film schauen am Unicampus.

Es wird vegane Crepes, Solicocktails, Bier, sonstiges Trinken, einen Film und Musik geben!
Alle Spenden kommen J.A.I.B. zu Gute!

Für den Freispruch von J.A.I.B.!
Smash §§ 278 ff StGB!

Mehr Infos zum Prozess auf der Soli Seite von J.A.I.B. : http://fightrepression2010.tk/

Was weiß der Staat?

Geschrieben von Stefan H.

Du hast das verfassungsgesetzlich garantierte Recht, vom Staat und seinen Behörden zu erfahren, ob und welche personenbezogenen Daten bisher über dich gespeichert wurden und warum. Dieses Recht ist das „Auskunftsbegehren nach dem Datenschutzgesetz“ und ist gratis.

Gerade in Anbetracht der jüngsten Gesetzesänderungen ist dieses Recht auf Information über deine Daten besonders wichtig: Denn zusätzlich zu den bisherigen Möglichkeiten können Polizei und Verfassungsschutz seit 1. April 2012 im Rahmen geheimdienstlicher Tätigkeiten und zur „präventiven Analyse im Sinne des Staatsschutzes“ weit mehr Informationen über dich sammeln als bisher. Auch deine Vorratsdaten über dein Handy und deinen ­E-Mail-Verkehr werden nun präventiv für sechs Monate gespeichert.

Grund genug, um beim Innenministerium, der Polizei und dem Verfassungsschutz nachzufragen, was über dich gespeichert wurde und wird.

Wir empfehlen, ein Auskunftsbegehren bei folgenden Polizeibehörden zu machen:

  • Bundesministerium für Inneres (BMI)
  • Sicherheitsdirektion (SD) deines Bundeslandes
  • falls es in deiner Stadt eine Bundespolizeidirektion (BPD) gibt, auch dort.

Besonders interessant sind die Datenbanken des Verfassungsschutzes, (Elektronisches Dateninformationssystem (EDIS)), der Polizei (Elektronisches Kriminalpolizeiliches Informationssystem (EKIS)) oder die nationale Datenbank für das Schengen-Abkommen.

Die Behörde muss dir binnen acht Wochen antworten (Postweg einrechnen!). Also merk dir das Versanddatum. Schick’ dein Auskunftsbegehren zur sicheren Dokumentation am besten per Telefax oder eingeschriebenem Brief. Aus bestimmten Gründen kann dir die Auskunft jedoch verweigert werden: z.B. wegen eines laufenden Verfahrens. Pro Kalenderjahr kannst du bei jeder Behörde einmal ein kostenloses Auskunftsbegehren stellen. Möchtest du im selben Jahr ein zweites Auskunftsbegehren einbringen, kostet dieses eine geringfügige Gebühr.

Weitere Infos, ein Muster und eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für ein Auskunftsbegehren findest du unter:

Der österreichische Verfassungsschutz und seine Befugnisse

In Deutschland wird der Verfassungsschutz wegen seiner Verbindungen zur rechtsextremen Szene thematisiert und stark kritisiert. In Österreich hingegen werden die Befugnisse der Sicherheitspolizei scheinbar kritiklos erweitert.

Im Jahr 2000 wurde die „erweiterte Gefahrenerforschung“ eingeführt. Bis dahin konnten Ermittlungen erst bei Verdacht auf eine schon begangene Straftat aufgenommen werden. Seit 2000 reicht dafür der Verdacht auf eine bevorstehende Gefahr aus. Wer oder was eine solche Gefahr darstellt oder möglicherweise in der Zukunft darstellen könnte, liegt im Ermessen der Polizeibehörden. Kein Wunder also, dass bei der Beurteilung Vorurteile und Gesinnungsfragen eine große Rolle spielen.

Ein Zitat von Peter Gridling, damals Chef der Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus (EBT) und heute Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), legt allerdings nahe, dass schon vor der Reform ähnlich ermittelt wurde, wenn auch ohne gesetzliche Absicherung: „Die Verankerung der Aufgabe der erweiterten Gefahrenerforschung war ein wichtiger Schritt, eine Rechtsgrundlage für Vorfeldarbeit, die der Staatspolizei in der Vergangenheit immer als rechtswidrig angelastet wurde.“?1

Schon in der großen Koalition vor 1999 gab es Pläne von SPÖ und ÖVP, das Sicherheitspolizeigesetz (SPG) zu reformieren. Die ÖVP machte ihre Einwilligung von einer Zustimmung der SPÖ zur Reform des Militärbefugnisgesetzes abhängig. Bis zu den Wahlen konnte keine Einigung erzielt werden. Unter FPÖVP wurden dann beide Reformen im Eilverfahren, also ohne Begutachtungsverfahren im Minister-Innenrat, beschlossen. Die SPÖ stimmte nun auch dagegen.

Seit ihrer Einführung im Jahr 2000 wurde die „erweiterte Gefahrenerforschung“ ständig ausgeweitet, zuletzt in der SPG-Novelle 2011. Heute darf die Polizei nicht nur in Zivil an öffentlichen Orten observieren, sondern auch verdeckt: also unter falscher Identität ermitteln, Film-, Foto- und Tonaufnahmen machen, bei anderen Behörden Daten abfragen und auf Handy- und Internetdaten zugreifen.

Im Zuge der großen Polizeireform 2002, seit der das BVT in seiner heutigen Form existiert, wurde außerdem die Polizeispitze ‚umgefärbt‘. Verschiedene hohe SPÖ-nahe Polizeikader wurden unter Innenminister Ernst Strasser abgesetzt und durch ÖVP-nahe ersetzt. Es kam zu einem großen öffentlichen Aufschrei und einem Misstrauensantrag der Opposition gegen Strasser. So hieß es auch, dass das BVT vor allem schwarz besetzt werde, während das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) an die Blauen abgetreten worden sei. Heute erzielt die FPÖ bei den Gewerkschaftswahlen des LVT in Wien 40%.

Das deutsche Trennungsgebot

In Deutschland hat das sogenannte Trennungsgebot Verfassungsrang. Demnach dürfen polizeiliche und nachrichtendienstliche Befugnisse nicht vermischt werden. Berechtigungen der „erweiterten Gefahrenerforschung“, also alle Ermittlungen, die ohne tatsächlichen strafrechtlichen Anlass passieren, gehören zum Nachrichtendienst. Polizeiliche Befugnisse wären z.B. die Anwendung von Zwangsgewalt, wie die Festnahme eines Verdächtigen etc. In Deutschland müssen diese Dinge getrennt bleiben; wenn also eine Einheit zur Gefahrenerforschung eingesetzt wird, kann sie nicht zugleich polizeilich wirken und umgekehrt. Tatsächlich bedeutet das, dass der deutsche Verfassungsschutz (der wohlgemerkt noch mehr Befugnisse hat als der österreichische) bei einem konkreten Verdacht seine Erkenntnisse den Polizeibehörden mitteilen muss und erst diese weiter einschreiten können. Dahinter steht der Gedanke, die Gesellschaft vor einer übermächtigen, getarnt agierenden und mit weitgehenden Befugnissen ausgestatteten Behörde zu schützen. In Österreich gibt es das Trennungsgebot nicht: Das BVT darf also zusätzlich zu den ‚erweiterten Ermittlungsmethoden‘ auch normale Polizeimethoden anwenden.

Die Befugnisse des Verfassungsschutzes werden ständig ausgeweitet, seine Kontrolle und die rechtlichen Möglichkeiten, sich zu wehren, sind bei weitem nicht hinreichend. Bei all dem Gerede der Regierung über ‚Sicherheit‘ ist Sicherheit vor dem Staat kein Thema.

Anmerkungen:
1 Interview mit Peter Gridling, in: Öffentliche Sicherheit. Das Magazin des Innenministeriums, Nr. 05-06/2002

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