Archiv der Kategorie: Rechtsinfo

Störung einer Versammlung (§285 StGB)- Aus gegebenem Anlass

In den letzten einenthalb Jahren kommt es wieder vermehrt zu Anzeigen wegen Störung einer Versammlung, §285 StGB und seltener auch zu Vorwürfen wegen Sprengung einer Versammlung, §284 StGB. Beispiele sind etwa die Proteste gegen den 1000 Kreuze Marsch in Salzburg im Juli 2013, den Aufmarsch der Identitären am 17.5.2014 (#blockit) oder gegen Christenfundis am Stephansplatz im Juni 2014 (#antianti). Dazu ist zu sagen, dass wir in all diesen Fällen nur von eingestellten Verfahren wissen und die Bestimmung wohl oft auch als Festnahmegrund und Einschüchterungstaktik angewendet wurde.

Bei der erfolgreichen Blockade des ersten „Spaziergangs“ der Pegida am 2.2.2015 wurden viele Antifaschist_innen erneut mit dem Vorwurf konfrontiert, während Pegida-Anhänger_innen ungestört den Hitlergruß machten und prügelnd durch die Innenstadt ziehen konnten. Dass wir diese Kriminalisierung verurteilen und allen von staatlicher und rechter Gewalt betroffenen Antifaschist_innen unsere Solidarität aussprechen wollen, sei diesem Artikel über die juristischen Grundlagen von §285 StGB vorangestellt.

Zunächst: Im Gegensatz zu anderen Strafen, die häufig auf Demos ausgestellt werden (z.B. Störung der öffentlichen Ordnung, StVO, etc. ) ist §285 StGB eine strafrechtliche Norm. Das heißt, dass theoretisch eine Haftstrafe bis zu 6 Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen droht und im Falle der Anklage eine Verhandlung vor dem Strafgericht stattfinden wird. Hier ist ein kurzer Überblickstext von uns zum Ablauf strafrechtlicher Verfahren.

Auffällig ist auch, dass § 285 grundsätzlich nur gegen linke Demos eingesetzt wird. Und nicht z.B. bei dem Überfall von Unsterblich auf das Vereinslokal der ATIGF, der eindeutig unter § 285 Abs Z 3 gefallen wäre (siehe gleich unten).

Der Tatbestand des §285 StGB

„Wer eine nicht verbotene Versammlung dadurch verhindert oder erheblich stört, daß er
1.    den Versammlungsraum unzugänglich macht,
2.    eine zur Teilnahme berechtigte Person am Zutritt hindert oder ihr den Zutritt erschwert oder ihr die Teilnahme an der Versammlung durch schwere Belästigungen unmöglich macht oder erschwert,
3.    in die Versammlung unbefugt eindringt oder
4.    eine zur Leitung oder Aufrechterhaltung der Ordnung berufene Person verdrängt oder sich einer ihrer auf den Verlauf der Versammlung bezüglichen Anordnungen tätlich widersetzt,
ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“

Nach § 285 StGB macht sich strafbar, wer eine nicht verbotene Versammlung erheblich stört oder verhindert. Das Gesetz nennt vier Handlungen, von denen eine verwirklicht worden sein muss.
„Den Versammlungsraum unzugänglich machen“ (Z1) setzt voraus, dass es sich um eine Versammlung in einem geschlossenen Raum handelt, dabei muss z.B. die Tür versperrt werden, der Schlüssel weggennomen werden oder sonst das Eintreten verunmöglicht bzw. „unzumutbar gemacht werden.
Der zweite Fall bedeutet, dass das Teilnehmen mit Gewalt oder Drohung mit Gewalt verhindert wird. Das kann durch physische Hindernisse wozu auch Reizgase gezählt werden geschehen. Teilweise wird auch diskutiert, dass Sprechchöre oder andere Arten von Lärmerregung dazugehören, auch das andauernde Beschimpfen von Teilnehmenden wird genannt.
„Tätlicher Widerstand“ bedeutet Handgreiflichkeiten gegen Ordner_innen oder Versammlungsleiter_innen, oder auch dass diese zum Verlassen der Versammlung gezwungen werden oder ihre Funktion nicht mehr ausüben können.

Zusätzlich  muss durch diese Handlungen die Versammlung verhindert oder erheblich gestört werden. Darunter versteht das Gesetz zum einen, dass die Versammlung nicht wie geplant stattfinden kann oder  dass „ihr ordnungsgemäßer Ablauf über das nach den Spielregeln der öffentlichen Diskussion in der demokratischen Gesellschaft allgemein tolerierte Maß hinaus beeinträchtigt wird“. Beispiele dafür sind dass Redner_innen wegen der Störung gar nicht mehr zu Wort kommen, wobei das Gesetz davon ausgeht, dass gewisse Störungen von Versammlungen üblich sind, es muss sich um eine „erhebliche Störung“ handeln.

§284 StGB- Sprengung einer Versammlung
§284 StGB bestraft die Verhinderung oder Sprengung einer nicht verbotenen Versammlung mit Gewalt oder Drohung mit Gewalt. „Gewalt“ ist gesetzlich definiert als „Einsatz nicht unerheblicher physischer Kraft“, die sich gegen Personen oder Gegenstände richten kann. Die Strafdrohung für §284 StGB ist höher (bis zu einem Jahr), insgesamt scheint es  in letzter Zeit aber eher, als würde damit aber mehr gedroht als angezeigt oder gar verurteilt.

NoPegida am 2.2.2015

Grundsätzlich sollen §285 und §284 StGB die Versammlungsfreiheit schützen, was insbesondere dann interessant ist, wenn die Störung von einer Gegendemonstration wie NoPegida ausgeht, die ja nach dieser liberal-rechtsstaatlichen Logik ebenso zu schützen gewesen wäre.

Noch ein paar Gedanken zu einer konkreten Einschätzung der NoPegida-Demo:

– Nach dem § 285 gestört werden kann nur eine „nicht verbotene“ Versammlung. Fraglich ist, ob eine Demonstration schon dann verboten ist, wenn es dort zu strafgesetzwidrigen Hitler-Grüßen kommt, wie am 2.2. bei Pegida in Wien. Manche Jurist_innen würden sagen, die Demonstration müsste dann untersagt werden und wäre erst nach der Untersagung verboten.

– Eine erhebliche Störung im Sinne des § 285 könnte theoretisch vorliegen, da die Demonstration nicht wie geplant laufen konnte (sondern gar nicht – danke!!).

– Eine sichere Einschätzung ob es zu Verfahren kommen wird, können wir nicht abgeben, da die Bestimmung extrem weit ist und theoretisch auch bloßes Stehen/Sitzenbleiben die Bestimmung erfüllt. Andererseits sind Verurteilungen relativ selten: laut einer parlamentarischen Anfrage: 3 Verurteilungen gegenüber 126 Anzeigen im Zeitraum 2010-2014*. Jedenfalls macht es Sinn gemeinsam gegen Repression vorzugehen und sich über das Vorgehen der Behörden auszutauschen, Betroffene können sich bei uns melden.

Das bürgerliche Strafrecht ist nicht auf unserer Seite und nicht unser Freund! Smash § 285 StGB!

*http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_02131/index.shtml (Anlage 3)

Rechtsinfoabend&Nachbereitungstreffen 19.1/4.2.

Die Proteste gegen den Akademikerball stehen wieder einmal bevor. Weil auch dieses Jahr wieder mit Repression zu rechnen ist, ist es notwendig sich darauf vorzubereiten. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe der ÖH für Angewandte Kunst und Akademie der Bildenden Künste macht das riko einen Rechtsinfo-Abend und ein Nachbereitungstreffen um offene Fragen zu klären und Betroffenen nach der Demo die Möglichkeit geben sich zu vernetzen.

  • Rechtshilfe-Infos für Demos: 19.1.2015//19.00//Universität für Angewandte Kunst , Expositur, Vordere Zollamtsstraße 3, Raum 15 (EG)

Praktische und rechtliche Tipps zum Umgang mit Behörden, rechtlicher Rahmen von Ausweiskontrollen, Festnahmen und Durchsuchungen, Umgang mit der Rechtshilfe

  • Antirepression nach der Demo: 4.2.2015// 19.00// Akademie der Bildenden Künste, Schillerplatz 3, Sitzungssaal (EG)

Nachbereitungstreffen für (potentiell) Repressionsbetroffene, gemeinsam Strategien im Umgang mit Repression finden, Vernetzung mit anderen Betroffenen und möglichen Zeug_innen, erste juristische Infos.

Landfriedensbruch § 274 StGB

Mittlerweile wurde die Novellierung des Landfriedensbruch-Paragraphen im Nationalrat beschlossen.  Ab 1.1.2016 tritt die neue Bestimmung unter dem Namen „Schwere gemeinschaftliche Gewalt“ in Kraft.  Genauere Infos gibts hier in einer Presseaussendung der Rechtshilfe Rapid. Hier die bis dahin geltende Rechtslage:

(1) Wer wissentlich an einer Zusammenrottung einer Menschenmenge teilnimmt, die darauf abzielt, daß unter ihrem Einfluß ein Mord (§75), ein Totschlag (§76), eine Körperverletzung (§§83 bis 87) oder eine schwere Sachbeschädigung (§126) begangen werde, ist, wenn es zu einer solchen Gewalttat gekommen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen

(2) Wer an der Zusammenrottung führend teilnimmt oder als Teilnehmer eine der im Abs. 1 angeführten strafbaren Handlungen ausführt oder zu ihrer Ausführung beigetragen hat (§12), ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(3) Nach Abs. 1 ist nicht zu bestrafen, wer sich freiwillig aus der Zusammenrottung zurückzieht oder ernstlich zurückzuziehen sucht, bevor sie zu einer Gewaltanwendung geführt hat, es sei denn, daß er an der Zusammenrottung führend teilgenommen hat.

Um nach § 274 bestraft zu werden, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

Eine „Zusammenrottung“

So wird die gewaltbereite Menschenmenge genannt, die nach diesem Tatbestand vorliegen muss. Diese Menge muss aus ca. 100 Menschen bestehen, auch 80-90 können vermutlich ausreichen, laut dem Oberlandesgericht Innsbruck sind allerdings 40 Personen jedenfalls zu wenig.

Außerdem muss die „Gewalt“bereitschaft der „Zusammenrottung“ nach außen treten. Das heißt, es muss durch Ansprachen, Parolen oder durch sonstiges Verhalten klar sein, dass die Menschenansammlung nicht „friedlich“ ist.

Vorsatz

Die beschuldigte Person muss den Vorsatz haben, gerade mit Hilfe der Menge eine Körperverletzung, eine schwere Sachbeschädigung – z.B. jede Sachbeschädigung an Dingen der Polizei, oder an Sachen mit einem Wert über 3000€ -, Mord oder Totschlag zu begehen.

Diese Tat muss auch tatsächlich begangen worden sein. Wenn also z.B. die Sachbeschädigung nur versucht wurde und nie wirklich passiert ist, kann man auch nicht wegen versuchtem Landfriedensbruch bestraft werden.

Nicht bestraft werden können Beistehende, Ersthelfer_innen, oder Personen, die von der Straftat gar nichts wissen.

Stärker bestraft können jedoch Personen werden, die die Straftat selbst ausführen, oder die „führend“ daran teilnehmen. Das sind die sogenannten „Rädlsführer“.

Typische Gefahr

Der Sinn dieses Paragraphen ist, eine Tat zu bestrafen, welche die „typische Gefahr einer Zusammenrottung“ verwirklicht. Das heißt, zwischen der Tat (Körperverletzung, Sachbeschädigung, etc.) und der Menschenmenge muss ein Zusammenhang bestehen, z.B. dadurch, dass die Menge den Täter oder die Täterin schützt und der Polizei den Weg versperrt.

Hausdurchsuchungen

Bei Hausdurchsuchungen unterscheidet das Gesetz zwischen zwei verschiedenen Fällen: Einerseits Durchsuchungen von Räumen, die vom Hausrecht geschützt sind, d.h. einerseits Wohnräume und andere wie z.B. Garagen oder Keller. Bei Fahrzeugen kommt es darauf an, ob sie als Wohnraum genutzt werden oder nicht. Der folgende Text behandelt nur die Durchsuchung von Wohnräumen.
Rechtliche Grundlagen
Als Grund für Hausdurchsuchungen nennt die Strafprozessordnung einerseits das Sicherstellen von Spuren einer Straftat (z.B. Drogen, Waffen, Spraydosen…) und andererseits das Auffinden einerPerson die verdächtigt wirdeine Straftat begangen zu haben (§119 StPO). Dabei muss ein konkreter Verdacht vorliegen und das gesuchte Objekt klar definiert sein.Eine Hausdurchsuchung bei der nicht im Vorhinein klar ist, was gesucht wird, ist daher rechtlich nicht zulässig.Allerdings zeigt die Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofs, dass eine anonyme Anzeige oder Informationen einer Vertrauensperson dafür unter Umständen schon genügt, insofern lässt sich eine Durchsuchung juristisch relativ einfach rechtfertigen.
Der Regelfall ist eine Hausdurchsuchung, die von der Staatsanwaltschaft angeordnet und außerdem von einem Gericht bewilligt ist. Diese gerichtliche Bewilligung muss schriftlich vorliegen.Es ist aber rechtlich auch zulässig, diese Bewilligung bis zu 24 Stunden nach der Durchsuchung nachzureichen. Wenn die Polizei allerdings „Gefahr im Verzug“ zu erkennen glaubt, kann die Hausdurchsuchung auch vorerst ohne diese Bewilligungen vorgenommen werden (§122 StPO). Gefahr im Verzug liegt vor, wenn das Beantragen der Bewilligungen die Ermittlungen gefährden würde, etwa weil der „Überraschungseffekt“ wegfallen würde und die betroffene Person flüchten oder die Spuren vernichten könnte.
Anders ist es auch, wenn die Hausdurchsuchung mit dem Fremdenpolizeigesetz begründet wird: Wird argumentiert, dass Personen ohne gültigen Aufenthaltstitel in der Wohnung sind, darf die Polizei ohne Bewilligung von sich aus in privaten Räumen nach diesen Personen suchen, außerdem wenn vermutet wird, dass mutmaßlich „Geschleppte“ in der Wohnung sind oder gegen das Prostitutionsgesetz verstoßen wird (§36 FPG).
Was tun?
Trotz alledem macht es Sinn, die Polizei nicht einfach in die Wohnung zu lassen und auf die schriftliche Bewilligung zu beharren. In dieser muss auch angegeben sein, was genau gesucht wird und für welche Räume/Wohnung sie ausgestellt wurde. Andere Räume als die angegebenen dürfen nicht durchsucht werden.Wenn das gesuchte Objekt gefunden wurde, muss die Durchsuchung beendet werden. Namensschilder an den Zimmertüren machen in WGs insofern Sinn, als dass nicht einfach alle Räume durchsucht werden können, wenn es nur eine Bewilligung für das Zimmer einer konkreten Person gibt.
Wichtig ist auch wenn möglich vor Zeug_innen zu sagen, dass die Polizei nicht freiwillig zur Durchsuchung in die Wohnung gelassen wird.Ansonsten können die Beamten nachher bei einer möglichen Beschwerde gegen die Durchsuchung argumentieren, dass es sich um keine erzwungene Maßnahme gehandelt hat.Eine Beschwerde kann aber nicht dazu führen, dass Beweise, die bei einer rechtswidrigen Hausdurchsuchung gefunden wurden, nicht verwertet werden dürfen; in Österreich gibt es kein Beweisverwertungsverbot.
Als betroffene Person hast du –außer es liegt laut Polizei „Gefahr im Verzug“ vor–  gesetzlich vorgeschriebene Rechte (§122 StPO) gegenüber den Beamt_innen .Dazu gehört
  • den Grund für die Durchsuchung zu erfahren
  • bei der Durchsuchung selbst anwesend zu sein
  • eine Vertrauensperson beizuziehen (selbst verdächtigte Personen oder potentielle Zeug_innen können ausgeschlossen werde
Grundsätzlich ist es den Cops auch erlaubt, Türen aufzubrechen, wenn sie das für die Ermittlungen als notwendig erachten oder sie nicht in die Wohnung gelassen werden. Ersatz bekommt mensch dafür in der Regel nicht. Wenn du als Betroffene_r nicht anwesend bist, kann auch verlangt werden, dass ein_e erwachsene_r Mitbewohner_in dein Recht auf Anwesenheit ausübt.
Alles in allem ist eine Hausdurchsuchung also relativ leicht zu rechtfertigen, vor allem wenn mit „Gefahr im Verzug“ argumentiert wird. Einige Dinge kann mensch aber trotzdem beachten:
  
  • Die Polizei nicht einfach  reinlassen, sondern versuchen, sie abzuwimmeln (kannst): Was wollen sie? Woist die gerichtliche Bewilligung? Was/wen suchen sie? WelchenVerdacht haben sie und wie begründen sie ihn?
  • Darauf bestehen, dass eine  Vertrauensperson dabei sein kann, im Notfall am Handy mithören lassen
  • darauf achten, dass sie wenn überhaupt nur die Räume durchsuchen, die bewilligt sind und  aufhören, wenn sie was sie suchen gefunden haben
  • mit Fotos, Video etc. dokumentieren, was sie machen
  • schon im Vorhinein überlegen, wie du/ihr in der WG mit solchen Situationen umgehen wollt, wer als Vertrauensperson in Frage kommt (Nachbar_innen?), Zimmer beschriften,
  • wenn alles vorbei ist: ein Gedächtnisprotokoll schreiben, versuchen runterzukommen, Antirep-Strukturen kontaktieren

 

Die Verkühlungsverordnung – Am Freitag mit oder ohne Mütze und Schal in der Stadt

Hier erst mal eine kurze Erklärung, was es mit dem Vermummungsverbot am Freitag auf sich hat. Dass das ganze eine riesige Frechheit ist, rechtlich und verfassungsgesetzlich unhaltbar und wieder einmal zeigt, dass die Polizei immer und überall versucht, mit allen Mitteln, ihre Befugnisse auszuweiten, dazu mehr in den nächsten Tagen.

Die Polizei hat am Abend des 21.1.2014 eine Verordnung erlassen, derzufolge es von 24.1.2014 , 16.30 bis 25.1.2014, 3.00 in den Bezirken 1 – 9 verboten sein wird, sich vermummt im öffentlichen Raum aufzuhalten. Ganz unabhängig vom Vermummungsverbot, das immer auf Demonstrationen besteht.

Es ist einerseits verboten „Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände verhüllen oder verbergen, um die Wiedererkennung zu verhindern“. Es ist also nur strafbar, sich dick einzupacken und das Gesicht zu verbergen, wenn es zum Zweck der Vermummung dient. Nicht wenn der Zweck zB ist, sich vor Kälte zu schützen. Das wäre die rechtlich richtige Auslegung, der die Polizei aber nicht immer folgt.

Zweitens ist es strafbar „Gegenstände mit sich führen, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern“. „Dem Wesen nach“ sind allerdings nur wenige Gegenstände dazu bestimmt gerade die Feststellung der Identität zu verhindern. Darunter fällt zB eine Sturmhaube o.ä. Nicht aber ein Schal. Die Polizei darf auch nicht willkürlich Taschen kontrollieren, ob in ihnen ein Vermummungsgegenstand zu finden ist. Jegliche Kontrolle muss immer mit einen konkreten auf die individuelle Person gerichteten Verdacht verbunden sein. Es ist leider – wie so oft – so, dass die Polizei dies gerne weit auslegt und widerrechtlich auch hier womöglich schon einen Schal reichen lässt.

Beide Verwaltungsübertretungen sind mit bis zu 500 € (!) strafbar. Wer sich im Zusammenhang mit diesen Verwaltungsübertretungen nicht ausweist, oder trotz Ermahnung in dem „strafwürdigen Verhalten“ „verharrt“, kann weggewiesen werden. Alternativ dazu, kann der Gegenstand, mit dem mensch sich vermummt, weggenommen werden, oder letztendlich kann mensch sogar festgenommen werden.

Wir halten fest: Grundsätzlich ist das Tragen von Schals und Hauben auch am Freitag in ganz Wien weiterhin nicht verboten!

Wenn ihr doch dafür eine Strafe bekommt, später unbedingt eine Beschwerde erheben! Wir halten die Verordnung für gesetzwidrig, damit würde sich die Strafe dafür erübrigen.

hier kann man die Verordnung im Originaltext herunterladen: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wien/stadtpolitik/601803_Polizei-verordnet-Vermummungsverbot.html

http://www.polizei.gv.at/wien/start.aspx?nwid=4552384331527437756E343D&ctrl=3734335266674D385951343D&nwo=0

kritisch zur Verordnung: http://derstandard.at/1389857874968/Gesicht-verhuellen-verboten-Laut-Verfassungsjurist-unverhaeltnismaessig

auch mit einer spannenden rechtlichen Argumentation: http://solidaritaetsgruppe.org/article/20140122_Pressemitteilung_zum_Vermummungsverbot_der_LPD_Wien.php

und noch ein paar gesammelte Stellungnahmen:

http://wien.orf.at/news/stories/2626787/

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140122_OTS0121/ellensohn-wiener-polizei-zeigt-mehr-respekt-vor-holocaust-verharmlosern-als-vor-der-bundesverfassung

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140122_OTS0001/offensive-gegen-rechts-autoritaeres-schalverbot-der-polizei-anfechten

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140122_OTS0064/neuerdings-notstandsgesetze-in-wien

http://www.youtube.com/watch?v=Daw2J47eYPs&list=PL3izSltiwQAPloFzRAu3HwX0KcoNPJ59P&feature=share